Pflege für Frauen doppelt so teuer wie für Männer
Mit dem aktuellen Barmer GEK Pflegereport wurden erstmals die genauen Ausgaben der Pflegeversicherung und die privaten Kostenanteile geschlechtsspezifisch ermittelt. Demnach fallen für Frauen im Laufe des Lebens durchschnittlich fast 84.000 Euro an Pflegosten an, während sich die Pflegekosten für Männer auf rund 42.000 Euro summieren.
Entsprechen zahlen Frauen auch mehr aus eigener Tasche. Sie müssen zu ihren Pflegekosten privat durchschnittlich etwa 45.000 Euro beisteuern. Männer hingegen „nur“ 21.000 Euro. „Damit wird konkret fassbar, dass die Pflegeversicherung immer eine Teilkaskoversicherung war, ist und bleiben wird“, so Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK. Private Vorsorge mit dem "Pflege-Bahr" wirke da allenfalls wie der Tropfen auf den heißen Stein. Und die aktuell von der Gewerkschaft Verdi vorgeschlagene Pflege-Vollversicherung klinge zwar vielversprechend, sei aber wohl kaum finanzierbar.
Im Extremfall zahlt die Familie bis zu 300.000 Euro für Pflege
Besonders ins Auge stechen die im Report ermittelten Unterschiede. Zwischen 13 Euro und 262.000 Euro gibt die soziale Pflegeversicherung für einen Versicherten aus, im Durchschnitt sind es 33.000 Euro pro Pflegeversicherten. Etwa ein Drittel der Pflegebedürftigen beanspruchen von den Pflegekassen weniger als 5.000 Euro, weitere 20 Prozent zwischen 5.000 und 15.000 Euro. Ähnliche Schwankungen weisen die privaten Anteile auf. Sie erreichen bei stationärer Pflege im Extremfall bis zu 305.000 Euro, im Durchschnitt liegen sie bei 31.000 Euro.
Das Autorenteam des Pflegereports um Prof. Dr. Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen macht eines klar: Nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen wächst. Auch die privaten Kostenanteile für die Pflege steigen. Vor elf Jahren mussten etwa leicht Pflegebedürftige monatlich 163 Euro selbst finanzieren, 2011 waren es schon 361 Euro, also mehr als doppelt so viel. Und es wird noch mehr: In der Pflegestufe 1 wird bis 2015 ein Anstieg auf 407 Euro prognostiziert. Besonders in der geringsten Pflegestufe 1 sind die Zahlen in den vergangenen Jahren gestiegen. Eine mögliche Erklärung sei, dass die Menschen „gesünder alt“ werden und an ihrem Lebensende „nur noch“ die Schwelle zur Pflegestufe 1 nähmen, sagt Kai Behrens, stellvertretender Sprecher der Barmer. Höherstufungen seien dadurch seltener.
Kurzzeitpflege hat sich verdreifacht
Ebenso gewinnt Laut Pflegereport die Kurzzeitpflege an Bedeutung: Die Kurzzeitpflegefälle haben sich zwischen 1998 und 2011 verdreifacht, während die Zahl der Pflegebedürftigen nur um 20 Prozent anstieg. Diese Leistung wird heute besonders nach Krankenhausaufenthalten genutzt, 2011 in 30 Prozent aller Fälle. Dabei erreiche die Kurzzeitpflege ihr Ziel immer weniger, schreiben die Studienautoren. Statt akute Krisen zu bewältigen, denen weitere häusliche Pflege folgt, schließt sich immer öfter eine vollstationäre Dauerpflege an. Zwischen 1998 und 20122 war ein Anstieg 18 auf 30 Prozent zu verzeichnen. Im gleichen zeitraum hat sich der Anteil der nach einer Kurzzeitpflege Verstorbenen von 11 auf 17 Prozent erhöht.
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