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Patienten spüren Ärztemangel noch nicht

Dienstag, 1. Januar 2013 – Autor:
Der Ärztemangel wird von der deutschen Bevölkerung bisher kaum wahrgenommen. Das zeigt kürzlich eine Studie der Barmer GEK und der Bertelsmann Stiftung. Doch die Erwartungen für die Zukunft sind gemischt.
Barmer-Studie

Die Lücken in der ambulanten Versorgung sind bislang kaum spürbar, werden aber größer.

Der Ärztemangel in Deutschland beschäftigt Ärztevertreter und Gesundheitspolitiker schon seit langem. In strukturschwachen Regionen wie Teilen Brandenburgs und Mecklenburg Vorpommerns fehlen heute schon Ärzte. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den nächsten sieben Jahren mehr als 66.000 Ärzte in den Ruhestand gehen werden und Neuzulassungen diesen Einbruch nicht kompensieren können, dürfte sich der Ärztemangel in der Fläche bald ausweiten. Doch noch ist es offenbar nicht so weit.

Wie aus der Befragung von TNS Infratest für die Barmer GEK und Bertelsmann Stiftung vom Dezember hervorgeht, sind 94 Prozent der Bundesbürger zufrieden mit dem Zugang zu Hausärzten und deren Zahl, auf dem Land genauso wie in der Stadt. Bei den Fachärzten fällt die Zufriedenheit etwas geringer aus. Aber auch hier sind nur 15 Prozent mit Erreichbarkeit und Anzahl der Fachärzte nicht zufrieden.

Lange Anfahrtswege halten nur wenige Patienten von einem Arztbesuch ab

Probleme einen Termin zu bekommen, scheinen ebenfalls eher selten zu sein. So liegt der Anteil der unzufriedenen Patienten bei den Hausärzten bei sechs Prozent, bei den Fachärzten bei elf Prozent. Auch hier gebe es kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land, betonte Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Dass es kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt, überrascht. „Zu unserem Erstaunen sind die Unterschiede eher gering", sagte Barmer-GEK-Chef Christoph Straub. Allerdings zeige die repräsentative Umfrage unter 1.500 Bürgern auch, dass die Zufriedenheit abnimmt, je länger der Anfahrtsweg zur Arztpraxis ist. Unabhängig vom Wohnort berichteten zudem mehr Menschen mit schlechtem Gesundheitszustand von Problemen, ihre Arztpraxis zu erreichen.

Für die Zukunft sind die Erwartungen der Bevölkerung gemischt: Zwar rechnen über 60 Prozent damit, dass sich die Anzahl der Fachärzte nicht verändern wird. Allerdings glauben mit 34 Prozent deutlich mehr Bewohner ländlicher Räume, dass die Anzahl der Fachärzte in ihrer Region abnehmen wird.

Bis 2020 wird es 7.000 Hausärzte weniger geben

Die Umfrage der Barmer stieß auf ein geteiltes Echo. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer sagte dazu: „Auch wenn Patienten in Umfragen immer wieder das große Engagement der Ärzte würdigen, eine gute gesundheitliche Versorgung auch in strukturschwachen Regionen sicherzustellen, sind die Belastungsgrenzen von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen erreicht.“ Ärzte in Klinik und Praxis kompensierten durch überlange Arbeitszeiten die Folgen des Ärztemangels – oftmals auch auf Kosten der eigenen Gesundheit.

Studien zeigen, dass mittlerweile 80 Prozent der Vertragsärzte Teilaspekte des Erschöpfungssyndroms aufweisen. Fünf bis zehn Prozent der niedergelassenen Ärzte leiden unter dem Vollbild eines Burn-out-Syndroms. „Lange geht das nicht mehr gut“, sage Motgomery. „Harte Versorgungsdaten belegten, dass die personellen Lücken in der ambulanten und stationären ärztlichen Versorgung immer größer werden.“

Ärztemangel

Nach Zahlen des Deutschen Krankenhausinstituts sind in den Kliniken rund 6.000 Stellen unbesetzt. In zehn Jahren gehen knapp 20.000 Ober- und Chefärzte altersbedingt in den Ruhestand. Bis 2020 müssen mehr als 66.000 Ärzte ersetzt werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung der Ärzteschaft und des mangelnden Nachwuchses wird es bis zum Jahr 2020 knapp 7.000 Hausärzte weniger geben als bisher.

Foto: Barmer GEK

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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