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Patienten mit neurologischen Erkrankungen oft mangelernährt

Donnerstag, 1. November 2018 – Autor:
Es sind nicht nur Krebs und Magen-Darm-Leiden, die zu einer Mangelernährung führen. Auch viele Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern sind mangelernährt. Hilfestellung gibt die aktualisierte S3-Leitline „Klinische Ernährung in der Neurologie“.
Mangelernährung, Neurologie

Wenn das Essen und Trinken auf Dauer schwer fällt, bleibt Mangelernährung meist nicht aus. Neurologische Patienten sind häufig in einem schlechten Ernährungszustand – Foto: ©Köpenicker - stock.adobe.com

Gesundheit hängt ganz maßgeblich von der Ernährung ab. Während die einen zu viel oder zu viel Falsches zu sich nehmen und dadurch krank werden, sind andere mangelernährt. In der öffentlichen Wahrnehmung trifft letzteres vor allem auf Krebspatienten, Pflegebedürftige oder Personen mit chronischen Magen- Darmerkrankungen zu. Dabei spielt Mangelernährung auch in der Neurologie eine große Rolle. Weit verbreitet sind etwa Schluckstörungen, die besonders häufig nach einem Schlaganfall auftreten, aber auch Folge von Morbus Parkinson, Multipler Sklerose oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS) sein können.

Schluckstörungen führen häufig zu Mangelernährung

„Schluckstörungen können nicht nur eine unzureichende Ernährung bewirken, sondern aufgrund des Aspirationsrisikos auch zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen führen“, erklärt Dr. Frank Jochum, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Das Problem werde durch Schmerzen, Appetitlosigkeit – beispielsweise durch die Einnahme bestimmter Medikamente – oder eingeschränkte Bewegungsfähigkeit verstärkt.

Eine Mangelernährung hat weitreichende Folgen: Patienten verlieren Gewicht und bauen Muskulatur ab, was wiederum zu Einschränkungen in der Beweglichkeit und Selbstständigkeit führt. Der Energie- und Nährstoffmangel beeinflusst zudem das Gehirn und Heilungsprozesse im Körper..

Auch Kinder betroffen

Bei Kindern und Jugendlichen mit neurologischen Erkrankungen ist Mangelernährung ebenfalls ausgeprägt. Jochum verweist auf Untersuchungen, wonach bis zu  68 Prozent der neurologisch erkrankten Kinder mangelernährt waren. „Das ist vor allem deshalb kritisch, weil sich die jungen Patienten noch in der Wachstumsphase befinden und somit für Wachstumsstörungen, verminderte Gehirnentwicklung und andere Folgen der Mangelernährung besonders anfällig sind“, so der der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau. Studien zeigen, dass es bei den jungen Patienten häufiger zu Behandlungskomplikationen kommt, sie länger im Krankenhaus liegen, eine schlechtere Lebensqualität und ein höheres Sterberisiko haben.

Aktualisierte S3-Leitlinie unterstützt Ärzte

Weil Mangelernährung ganz viele neurologische Patienten betrifft und ihr Risiko für Mikronährstoffmangel und Dehydration erhöht ist, hat die DGEM 2013 erstmals zusammen mit anderen Fachgesellschaften die S3-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Neurologie“   erstellt. Die Leitlinie wurde in den vergangenen zwei Jahren von einer interdisziplinären, internationalen Arbeitsgruppe der Europäischen Fachgesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) aktualisiert (6). Darin wird besonders auf die weit verbreiteten Krankheitsbilder ALS, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und Schlaganfall eingegangen.

Der Leitlinien-Beauftragte der DGEM Professor Stephan C. Bischoff rät Ärzten, den Ernährungszustand ihrer Patienten regelmäßig zu überprüfen. „Manche Patienten bemerken beispielsweise gar nicht, dass sie an Schluckstörungen leiden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass danach gezielt untersucht wird.“

Künstliche Ernährung als ultima ratio

Werde eine Mangelernährung oder ein erhöhtes Risiko festgestellt, könnten unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten zum Einsatz kommen, um die Nährstoffzufuhr zu erhöhen. „Je nach Krankheitsbild und Symptomatik können die Speisen zusätzlich angereichert und in ihrer Beschaffenheit und Textur angepasst werden, zum Beispiel in Form von Trinknahrung“, erklärt der Experte. Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder ALS machten häufig eine Ernährung mithilfe einer Magensonde (wird über die Nase eingeführt) notwendig, „Eine künstliche Ernährung wird erst dann in Erwägung gezogen, wenn eine Sondenernährung nicht mehr möglich ist.“

Foto: © Köpenicker - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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