Palliativmedizin in Deutschland unzureichend
In einer gemeinsamen Stellungnahme zur „Palliativversorgung in Deutschland“ haben die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften Kritik an den „erheblichen Defiziten“ in der deutschen Palliativmedizin geübt. Bei der Betreuung unheilbar Kranker ist Deutschland nach Ansicht der Forscher immer noch unterentwickelt und liegt im internationalen Vergleich „höchstens im Mittelfeld“, wie Hans-Peter Zenner, Medizin-Professor der Universität Tübingen erklärt. Länder wie die USA, Großbritannien und Schweden seien in der palliativen Versorgung wesentlich besser aufgestellt.
Große Unterschiede in der Palliativversorgung
Die Wissenschaftler monieren auch große regionale Unterschiede in der deutschen Palliativmedizin. „Der Zugang zur Palliativversorgung ist nicht gleich und gerecht", kritisiert Zenner. So gebe es an einigen Orten ausreichend spezialisierte Teams, die sich um Betroffene kümmern, andernorts gebe es hingegen überhaupt keine Palliativangebote. Insgesamt erhalten demnach nicht einmal 50 Prozent der geschätzten 80.000 Patienten, die eine spezialisierte palliative Versorgung benötigen, eine adäquate Betreuung.
Zenner erklärte bei der Vorstellung der Stellungnahme vor der Bundespressekonferenz, dass es immer noch zu viele „weiße Flecken“ gebe – sowohl bei der Hospizversorgung als auch in der Verbreitung der Palliative Care Teams. Vor allem in ländlichen Regionen sei die Situation problematisch. Friedemann Nauck, Direktor der Abteilung Palliativmedizin der Georg-August-Universität in Göttingen, bestätigte die Kritik.
Forschung in der Palliativmedizin stärken
Zur Problematik tragen auch die unterschiedlichen Finanzierungskonzepte innerhalb der Bundesrepublik bei. Während die Situation in Hessen und Bayern vergleichsweise gut sei, gebe es beispielsweise in Niedersachsen große Lücken, erklärte Nauck. Er plädierte daher für bundesweit einheitliche Regeln, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Notwendig seien auch einheitliche Standards für die Qualitätssicherung. „Wir brauchen eine nationale Palliativstrategie“, so der Palliativmediziner.
Die Wissenschaftler monieren auch, dass es „schwere Schnittstellenprobleme“ im Versorgungssystem gebe. Der Informationsaustausch zwischen Hausärzten und Kliniken beziehungsweise zwischen den verschiedenen Fachärzten sei oft mangelhaft. Auch eine Stärkung der Forschung sei notwendig. Man wisse noch zu wenig über eine optimale Palliativversorgung, so Hans-Peter Zenner.
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