Organspende und Widerspruchlösung: Bevölkerung gespalten

Viele Ärzte favorisieren die Widerspruchslösung. Doch in der Bevölkerung findet Spahns Vorschlag keine Mehrheit – Foto: ©Robert Kneschke - stock.adobe.com
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat mit dem Vorschlag, in Deutschland eine Widerspruchlösung einzuführen, die Diskussion um die Organspende neu entfacht. Die Widerspruchlösung sieht vor, jeden als hirntot erklärten Patienten zur Organentnahme freizugeben, der zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat. Damit will Spahn die Zahl der Spenderorgane erhöhen und mehr Organtransplantationen ermöglichen. In vielen europäischen Ländern gibt es diese Regelung bereits, darunter auch im Nachbarland Österreich.
35 Prozent für Widerspruchlösung
Doch nur 35 Prozent der deutschen Bevölkerung stehen hinter Spahns Vorschlag, wie eine aktuelle repräsentative Umfrage des Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC ergab. Dagegen sprechen sich 39 Prozent der Befragten dafür aus, die aktuelle Regelung beizubehalten. Danach ist eine Organspende nur dann möglich, wenn dies im Organspendeausweis auch so dokumentiert ist. Liegt kein Dokument vor, müssen Angehörige befragt werden. Einen Organspendeausweis besitzen derzeit 36 Prozent der Deutschen. Davon haben nur 28 Prozent einer Spende uneingeschränkt zugestimmt.
Den Grünen-Vorschlag findet nur jeder vierte gut
Ein dritter Vorschlag wurde von den Grünen/Bündnis 90 eingebracht. Dieses Modell sieht vor, die Bürger aktiv bei Behördengängen nach ihrem Willen zu fragen, was der jetzigen Regelung deutlich näher käme als die Widerspruchlösung. Allerdings können sich nur 25 Prozent der Deutschen mit diesem Vorschlag anfreunden.
Bedenken der Bevölkerung ernst nehmen
„Da sich bei den aktuellen Lösungsvorschlägen keine klare Mehrheit unter den Bürgern abzeichnet, muss die Bundesregierung nach neuen Ansätzen suchen, die für viele Menschen zustimmungsfähig sind“, sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC. Wichtig sei auch, die Bedenken der Menschen ernst zu nehmen und noch umfassender als bisher über das Thema aufzuklären. Denn ein Teil derer, die keinen Organspendeausweis haben, äußert deutliche Sorge: So quält zwölf Prozent die Angst, dass sie als Organspender schneller für tot erklärt werden könnten und keine Maßnahmen zur Wiederbelebung durchgeführt werden. Auch Angst vor Organhandel kann ein Argument gegen den Organspendeausweis sein, wie neun Prozent der Befragten bestätigen.
„Die Organspende ist in Deutschland streng geregelt“, sagt Burkhart. Dennoch müsse noch mehr Vertrauen in der Bevölkerung geschaffen werden. Dies ging nur durch eine bessere Aufklärung.
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