
Herzschwäche geht mit verminderter Hirnleistung und einem verkleinerten Hippocampus einher – Foto: © Adobe Stock/tippapatt campre83
Herz und Hirn hängen offenbar eng zusammen. So bauen Patienten mit einer Herzschwäche sehr oft auch geistig ab. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) Würzburg hatten diesen Zusammenhang vor einigen Jahren in der Beobachtungsstudie „Cognition.Matters-HF“ gezeigt. Dabei konnte mit Bildgebung ein Hirnschwund nachgewiesen werden.
In einer Folgestudie konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass sich der geistige Abbau mit einer optimalen Therapie der Herzinsuffizienz weitgehend aufhalten lässt. In der Studie wurden erneut auch aufschlussreiche MRT-Untersuchungen des Gehirns durchgeführt.
Studie mit über 100 Herzinsuffienzpatienten
An der Studie nahmen 148 Männer und Frauen mittleren Alters teil, bei denen mindestens ein Jahr zuvor eine Herzschwäche diagnostiziert worden war. Die Studienteilnehmer wurden über den Verlauf von drei Jahren durch Neurologen, Psychologen, Neuroradiologen und Kardiologen dreimal ausführlich untersucht. Dabei kamen EKG, Herzultraschall, neurologische Untersuchungen und neuropsychologische Tests bis hin zur Kernspintomographie (MRT) des Kopfes zum Einsatz. 105 Studienteilnehmer schlossen die gesamte Studie ab.
Drei Jahre stabil
Die am Anfang der Studie vorhandenen kognitiven Einschränkungen waren im zeitlichen Verlauf im Mittel stabil. Teilweise fanden sich sogar geringfügige Verbesserungen. Lediglich die Defizite in der Aufmerksamkeit nahmen im Verlauf von drei Jahren etwas zu, so die zentralen Ergebnisse der Studie.
Dass die kognitiven Defizite im Laufe des Beobachtungszeitraums weitgehend stabil blieben, führt Studienautor Prof. Dr. Stefan Störk auf die optimalen Studienbedingungen zurück. „Mit einer optimierten Herzinsuffizienz-Therapie und der besonderen Unterstützung durch das Studienteam mit speziell ausgebildeten Herzinsuffizienz-Schwestern scheinen sich die zum Studienstart vorhandenen Defizite kaum zu verschlechtern“, berichtet der Forschungsleiter des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz. „Das belegt einmal mehr die Notwendigkeit einer intensiven und individuellen Betreuung.“
Eine Herzinsuffizienz erfordert eine umfassende Therapie und exakte Medikamenteneinnahme. Demgegenüber stehen allerdings die Störungen des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit. Viele Patienten können aus diesem Grunde den Therapieplan nicht einhalten. Unter Studienbedingungen war das jedoch anders.
Hippocampus schrumpft bei Herzinsuffizienz
Doch wie lassen sich die kognitiven Defizite bei Herzschwächepatienten überhaupt erklären? Die Basisuntersuchungen hatten bereits gezeigt, dass die Mehrzahl der Patienten mit Herzschwäche im Vergleich zu einer herzgesunden Kontrollgruppe der Grazer Universitätsklinik eine deutlicher ausgeprägte Atrophie des Hippocampus aufwiesen. Das heißt, genau die Hirnregion war verkleinert, die für unterschiedliche kognitive Funktionen, wie Gedächtnis, Erkennen und Verarbeiten von Inhalten, entscheidend ist.
Der Gewebeschwund in dieser Hirnregion stand im Zusammenhang mit der kognitiven Beeinträchtigung der Studienteilnehmer: 41 Prozent der untersuchten Patienten zeigten Defizite in der Reaktionszeit, 46 Prozent im verbalen Gedächtnis und 25 Prozent im Arbeitsgedächtnis. Diese Ergebnisse aus der Studie „Cognition.Matters-HF“ wurden bereits im Jahr 2018 im Journal of the American College of Cardiology: Heart Failure veröffentlicht. Neu ist die Analyse des Langzeitverlaufs von Kognition und bildmorphologischen Gehirnveränderungen.
Aus den Ergebnissen leiten die Wissenschaftler nun die Vermutung ab, dass wesentliche pathologische Prozesse in der Herz-Hirn-Interaktion, die zur Hirnatrophie und kognitiven Einschränkungen führen, vielleicht bereits weit vor der Entwicklung der Herzschwäche selbst entstehen. Auslöser könnte etwa ein Herzinfarkt oder eine andere Erkrankung sein.