OP bei Nasennebenhöhlenentzündung: Was dafür spricht – und was dagegen

Nasennebenhöhlenentzündung: Minderung der Lebensqualität und einer der häufigsten Gründe für die Verschreibung von Antibiotika. Wenn nichts anders mehr hilft, kann eine Operation zu Linderung führen. – Foto: ©Adiano - stock.adobe.com
Ständig eine verstopfte Nase, Kopf- und Gesichtsschmerzen, ein geschwächter Geruchssinn, Schlafstörungen: Eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen kann Betroffenen viel Lebensqualität rauben. Jeder Zehnte etwa ist von dieser HNO-Erkrankung betroffen. Sie führt zu einer hohen Zahl von Fehltagen im Arbeitsleben und ist einer der häufigsten Gründe für die Verschreibung von Antibiotika. Wenn Medikamente nicht (mehr) helfen, stellt sich die Frage: OP – ja oder nein?
Nasennebenhöhlenentzündung: Ab zwölf Wochen ist sie „chronisch“
Als chronisch gilt eine Nasennebenhöhlenentzündung dann, wenn die Beschwerden mindestens zwölf Wochen lang andauern. In der Fachsprache heißt die Krankheit „chronische Rhinosinusitis“ (CRS). „Um die Entzündung zu lindern wird den Patienten in der Regel empfohlen, die Nase regelmäßig mit Kochsalzlösung zu spülen und ein kortisonhaltiges Nasenspray zu verwenden“, sagt Tanja Hildenbrand, Oberärztin an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Teilweise kommt auch eine kurz- oder langfristige Therapie mit Antibiotika oder eine kurzfristige Therapie mit Kortikosteroiden in Betracht. Für besonders schwere Fälle hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erstmals einen Wirkstoff aus der Klasse der Biologika für die Behandlung der chronischen Sinusitis mit Nasenpolypen zugelassen: Dupilumab.„Erst wenn die medikamentöse Therapie erfolglos bleibt oder Komplikationen drohen, kann eine Operation eine Behandlungsoption darstellen“, sagt die HNO-Ärztin weiter.
Patienten leiden, aber auf dem CT-Bild sieht man wenig
Eine Entscheidung für oder gegen eine Operation ist für Ärzte und Patienten oft nicht so leicht zu fällen. Das eine ist, was man auf Diagnostikbildern sieht. Das andere ist, als wie schwer Patienten ihr Leiden subjektiv erleben. Beides muss sich nicht entsprechen und nicht gleich gravierend sein. Bei der Nasennebenhöhlenentzündung zeige sich „häufig keine Korrelation zwischen objektiven Befunden wie CT-Bildern und der subjektiv empfundenen Lebensqualität des Patienten“, sagt Andreas Dietz, Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik Leipzig und Vorstandsmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie“ (DGHNO-KHC). Letztere sei jedoch für den Patienten das entscheidende Kriterium.
Nasennebenhöhlen: Welche OP-Optionen gibt es?
1. Funktionelle endoskopische Operation der Nasennebenhöhlen (FESS):
Sie ist die heute gängigste OP bei chronischer Sinusitis. Der Chirurg dringt hier mit einem Endoskop über die Nasenlöcher in Problembereich ein und beseitigt Engstellen oder Störfaktoren wie Nasenpolypen. Ziel der Operation ist es, Belüftung und Sekretfluss in den Nebenhöhlen zu verbessern.
2. Ballondilatation:
Bei dieser ambulanten OP für einfache Fälle wird mithilfe eines Katheters ein Ballon in die Nase eingeführt, der am Eingang der Nasennebenhöhlen langsam aufgeblasen wird. Verengte Öffnungen, die einen ungestörten Schleimabfluss verhindern, können so erweitert werden. Die Ballondilatation ist mit einer geringen Komplikationsrate verbunden. Sind vergrößerte Nasenpolypen vorhanden, ist dieses Verfahren jedoch ungeeignet. Zudem liegen noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen vor, die eine längerfristige Wirksamkeit der Dehnung belegten.
3. Laserbehandlung:
Mittels Lasertechnik werden geschwollene Schleimhautpartien verkleinert. Das soll dazu führen, dass im Infektionsfall weniger Schleimhaut anschwillt und es nicht so schnell zu Verstopfungen im Bereich der Nasennebenhöhlen kommt.
4. Punktion und Verkleinerung der Nasenmuschel:
Die entzündete Nasennebenhöhle anstechen, um eitriges Sekret auszuspülen: diese ältere Operationsmethode wurde von neueren fast vollständig verdrängt. Sie ist relativ schmerzhaft, behebt nicht die Ursache und entlastet die Patienten nur kurzfristig. Auch eine Verkleinerung der Nasenmuschel wird heute nur noch selten vorgenommen.
Sinusitis-OP: Pro und contra
Operationen im Bereich der Nasennebenhöhlen sind äußerst anspruchsvolle chirurgische Maßnahmen, die gut bedacht werden sollten. Was also spricht für und was gegen eine Sinusitis-OP?
Was FÜR eine Operation spricht:
- Eine Operation kann bei Sinusitis zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
- In 80 Prozent der Fälle bessert eine Sinusitis-OP den Gesundheitszustand der Patienten (zumindest vorübergehend).
- Die heutigen Operationsmethoden sind schonend und ermöglichen eine schnelle Genesung.
- Insbesondere für Patienten, bei denen die medikamentöse Sinusitis-Behandlung nicht anschlägt, stellt eine Operation oft die Voraussetzung für eine Besserung dar.
Was GEGEN eine Operation spricht:
- In vielen Fällen kehren die Beschwerden nach einer Operation wieder. Nasenpolypen können zum Beispiel nach einiger Zeit wieder nachwachsen.
- Es fehlen Untersuchungen über die Langzeit-Wirkung von Operationen bei einer chronischen Sinusitis.
- Viele Patienten klagen nach einer OP über trockene Schleimhäute.
- In seltenen Fällen werden benachbarte Strukturen wie die Augen oder die Hirnhaut beschädigt.
- Eine Beeinträchtigung des Riechvermögens und die Entstehung von Blutungen sind mögliche Folgen einer Operation.
(Quelle: www.chronische-sinusitis.com/Cegla Medizintechnik)
Nasennebenhöhlenentzündung: „Operation kein Wundermittel“
„Eine Operation ist bei einer Nasennebenhöhlenentzündung kein Wundermittel", sagen Experten des Fachportals Chronische-Sinusitis.com. Der Ausgang einer Sinusitis-OP sei manchmal nur schwer vorhersagbar und eine vollständige Heilung der Symptome „eher nicht zu erwarten“. Viele Patienten kämen daher auch nach einer OP nicht ohne zusätzliche Therapiemaßnahmen aus. Dazu zählten regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine tägliche Nasenpflege, um die natürliche Funktion der Schleimhaut zu unter
Studie: Nach OPs halbieren sich Krankschreibungen
Auch wenn Nasennebenhöhlen-OPs nicht immer nach denselben einheitlichen Standards durchgeführt werden und die Messung und Bewertung der medizinischen Behandlungsqualität bei Rhinosinusitis nicht so einfach ist: Die Freiburger Ärztin Tanja Hildenbrand macht die Vorteile der chirurgischen Behandlung an der Arbeitsfähigkeit beziehungsweise den Krankschreibungen vor und nach einer Operation fest. Sie beruft sich dabei auf eine europäische Studie, die besagt, dass die Zahl der CRS-spezifischen Fehltage am Arbeitsplatz vor Operationen 8 bis 14 Tage im Jahr betragen habe – nach dem Eingriff nur noch 1 bis 7 Tage.
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