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„Offenes Bein“ häufig nicht richtig diagnostiziert

Montag, 27. Juli 2015 – Autor:
Das „offene Bein“ entwickelt sich in Fällen zu einem chronischen Leiden. Wundspezialisten kritisieren, dass viel zu selten den Ursachen auf den Grund gegangen wird. Hinter den nicht heilenden Unterschenkelgeschwüren können nämlich ganz unterschiedliche Krankheiten stecken.
„Offenes Bein“ häufig nicht richtig diagnostiziert

Offene Beine werden gerne in Kompressionsstrümpfe gesteckt. Doch das ist in vielen Fällen keine ursachengerechte Therapie

Der Volksmund spricht vom offenen Bein, Ärzte nennen es Ulcus cruris. Gemeint ist aber das gleiche: tiefe Geschwüre an den Unterschenkeln oder Füßen, die sich durch offene, meist nässende Wunden bemerkbar machen. In fast allen Fällen steckt eine mangelnde Durchblutung dahinter. Dadurch erklärt sich die schlechte Heilungstendenz offener Beine. Die Ursachen dahinter können jedoch höchst unterschiedlich sein. So liegt in etwa in 50 Prozent aller Fälle ein Venenschaden vor. Etwa 15 Prozent sind rein arteriell bedingt, bei weiteren 15 Prozent besteht eine kombinierte venöse und arterielle Störung. Und die restlichen 20 Prozent haben ganz andere Ursachen zum Beispiel eine Gefäßentzündung, eine Neoplasie oder eine Autoimmunerkrankung.

30 Jahre mit offenem Bein – ohne Diagnostik

Wird die Ursache nicht erkannt und entsprechend behandelt, ist jede Mühe umsonst. Die Erkrankung verschleppt sich über Monate, Jahre und Jahrzehnte. „Meines Erachtens wird viel zu viel Augenmerk auf die Therapie gerichtet und viel zu wenig auf die Diagnostik“, kritisiert Prof. Dr. Joachim Dissemond, Oberarzt an der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Essen. „In unserer Wundambulanz sehen wir Patienten, die seit über 30 Jahren wegen einer Wunde in Behandlung sind, aber quasi keine Diagnostik durchgeführt wurde.“

Dabei ist die Diagnostik gar nicht so schwierig. Eine gute klinische Untersuchung verbunden mit einer simplen Pulstastung und einer Duplex- oder Doppler-Sonographie sei meist schon ausreichend, um zu sehen, ob der Patient einen Venenschaden habe, oder ob er weiterführende Diagnostik in Hinblick auf einen Arterienschaden brauche, meint der Wundspezialist.

Behandlung auf gut Glück

Doch genau hieran hapert es in der Praxis. Patienten werden viel zu oft auf gut Glück behandelt. Kompressionstherapie und etwas Wundbehandlung mögen bei venös bedingtem offenem Bein zum Erfolg führen, nicht aber wenn eine arterielle Störung oder eine andere Ursache vorliegt. Wenn die Therapie nach drei Monaten nicht greift, gilt die Wunde als chronisch. „Spätestens dann, sollte der Patient einen Wundspezialisten sehen. Besser schon nach acht Woche frustraner Therapie“, erklärt Dissemond. Die frühzeitige Überweisung an einen Spezialisten sei aber die Ausnahme.

Dass beim offenen Bein viel Zeit verlorengeht, liegt aber nicht nur an den Ärzten. Venöse Störungen verursachen oft über viele Jahre hinweg wenig Leidensdruck und die Patienten gehen nicht zum Arzt. Dabei ignorieren sie die ersten Anzeichen, wie beispielsweise die sogenannten Warnvenen im Bereich des Knöchels und später auch die Hautveränderungen in Form von Verfärbungen. Erst wenn das meist schmerzhafte Geschwür auftritt, gehen sie zum Arzt. Und der wird in aller Regel zunächst die Symptome behandeln, ein kurativer Ansatz des offenen Beins bleibt in vielen Fällen auf der Strecke.

© tibanna79 - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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