Obduktion von 43 COVID-19-Toten: Coronavirus kann Blut-Hirn-Schranke durchbrechen

Coronavirus und Entzündungen im Gehirn gefunden: Obduktion zeigt, dass das SARS-COV-2 die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen kann. – Foto: ©kichigin19 - stock.adobe.com
Inzwischen ist klar: Das Coronavirus SARS-COV-2 kann die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen und das Gehirn erreichen. Einen Beweis dafür haben soeben Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erbracht, in dem sie 43 verstorbene COVID-19-Patienten obduzierten. Bei 21 der untersuchten Verstorbenen haben die Neuropathologen den SARS-CoV-2-Erreger im Gehirn entdeckt. Virusproteine konnten sowohl im Hirnstamm als auch in Nerven, die aus dem Hirnstamm entspringen, nachgewiesen werden.
COVID-19 löst offenbar Entzündung im Gehirn aus
Die Virusmengen waren jedoch sehr gering und die Gehirne von Patienten mit den höchsten Virusmengen zeigten nicht mehr Veränderungen als solche, in denen kein Virus gefunden werden konnte. Das Forscher-Team um Prof. Markus Glatzel konnte aber eine Immunreaktion in den Gehirnen der verstorbenen COVID-19-Patienten nachweisen. „Wir schließen daraus, dass Entzündungszellen im Gehirn an der Entstehung der neurologischen Symptome beteiligt sein könnten“, so Glatzel.
Neurologische Schäden sind indirekte Folgen
Die neurologischen Symptome von COVID-19 weisen ein breites Spektrum auf und reichen von diffusen Beschwerden milder Ausprägung bis hin zu schweren Schlaganfällen. Bislang war aber noch unklar, ob und wie der Erreger ins Gehirn gelangt und sich dort auch vermehren kann. „Wir konnten nun zeigen, dass nicht das neuartige Corona-Virus selbst das Gehirn schädigt, sondern die neurologischen Symptome vermutlich eine indirekte Folge der Virusinfektion sind“, so Prof. Glatzel weiter.
Üblicherweise zeigen COVID-19- Patienten vor allem im Blut eine deutlich veränderte Immunantwort. Die Hamburger Forscher konnten jetzt auch im Gehirn eine klare Entzündungsreaktion nachweisen. Das war in diesem Ausmaß nicht bekannt.
„Besonders interessant war der deutliche Virusnachweis in einzelnen Zellen und Nerven“, sagt Mikrobiologe Prof. Dr. Martin Aepfelbacher, Co-Autor der Studie. Dieser Fund deute auf eine lokalisierte Vermehrung und Beeinträchtigung spezifischer Gehirnfunktionen hin.
Die für die Studie untersuchten verstorbenen Patienten (16 Frauen, 27 Männer) waren im Durchschnitt 76 Jahre alt und hatten altersgerechten Vorerkrankungen, typische COVID-19-Patienten also. Die Ergebnisse haben die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „The Lancet Neurology“ veröffentlicht: „Neuropathology of patients with COVID-19 in Germany: a post-mortem case series“
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