Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Notaufnahmen spüren den demografischen Wandel

Freitag, 3. Oktober 2014 – Autor:
Schon heute ist jeder dritte der Notfallpatient älter als 80 Jahre. Mediziner erwarten in den kommenden zehn Jahren einen Anstieg um 25 Prozent – und fordern einen Strukturwandel in der Notfallmedizin.
Notaufnahmen spüren den demografischen Wandel

Notaufnahmen sind derzeit noch nicht wirklich auf die wachsende Zahl älterer Patienten eingestellt

In Notaufnahmen muss schnell gehandelt werden. Doch mit der steigenden Zahl älterer Patienten wachsen auch die Anforderungen an die Notfallmediziner. Viele der älteren Patienten haben ganz unabhängig vom Grund ihrer Einlieferung mehrere Begleiterkrankungen, die berücksichtigt werden müssen. Schon heute ist mehr als jeder Dritte 80 Jahre oder älter. Generell rechnen Experten in den kommenden zehn Jahren mit einer Zunahme der über 80-jährigen Menschen um etwa 25 Prozent. „Das erfordert gewaltige Veränderungen in der Notfallmedizin“, hieß es auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) in Halle (Saale). Die Notaufnahmen von heute seien auf diese Herausforderung noch nicht eingstellt. 

Drehtüreffekt in der Notaufnahme

Studien aus Deutschland, den USA und Österreich zeigen alle den gleichen Trend: Es finden sich mehr und mehr ältere, komplex kranke, immobile, sozial unterversorgte Patienten mit einem hohen Betreuungsbedarf in den Notaufnahmen. Problematisch ist dies, weil ältere Menschen besonders gefährdet sind, nach der Entlassung aus der Notaufnahme erneut zu erkranken. „Bis zu 27 Prozent der älteren aus der Notaufnahme entlassenen Patienten, kommen binnen drei Monaten wieder in die Notaufnahme, werden stationär aufgenommen oder sterben“, berichtetet Dr. Georg Pinter, Chefarzt am Klinikum Klagenfurt. Grund hierfür sei ihre allgemein geschwächte Konstitution. Die Ersteinlieferung ins Krankenhaus sei oft nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Folgeerkrankungen. Noch kritischer sieht der Geriater die Situation bei Pflegeheimpatienten: Aufgrund unzureichender Vor-Ort-Versorgung müssten sie häufig von A nach B transportiert werden. Eine Belastung, die jene meist ohnehin körperlich, seelisch und geistig beeinträchtigen Menschen zusätzlich anstrenge.

Studien zeigen auch, dass 53 Prozent der Patienten, die nach der Notversorgung stationär aufgenommen werden, älter als 66 Jahre sind. 13 Prozent sind sogar zwischen 86 und 95 Jahre alt.

Apparatemedizin bei Neunzigjährigen nicht immer die beste Lösung

Die Geriater forderten daher strukturelle Veränderungen in der Notfallmedizin und darüber hinaus. Pinter plädierte etwa für eine verstärkte Zusammenarbeit von Kliniken mit niedergelassenen Ärzten, stationärer und ambulanter Pflege, sowie einem rascheren Informationsfluss zwischen allen Behandlungsverantwortlichen. „Es gilt die Kommunikation, den Komfort und die Orientierung der Patienten zu verbessern und das Sturzrisiko zu mindern“, erklärte der Chefarzt aus Klagenfurt. In manchen Fällen sollten Ärzte auch die Apparatemedizin hinterfragen, hieß es weiter. Die richtige Betreuung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Qualität und Quantität sei eine der ganz großen Herausforderungen der Medizin.

Foto: © spotmatikphoto - Fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Alter , Notaufnahme , Notfallmedizin

Weitere Nachrichten zum Thema Geriatrie

13.09.2016

Reha-Maßnahmen in der Geriatrie verbessern die Lebensqualität und vermindern oder verhindern Pflege-Bedürftigkeit. Trotzdem werden sie zu selten bewilligt. Das kritisieren die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG).

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin