Nobelpreisträger Südhof für drei Jahre als Gastwissenschaftler in Berlin
Thomas Südhof ist auf Synapsen im Gehirn und deren Signalübertragung spezialisiert. 2013 hat er für seine Entdeckungen auf diesem Gebiet den Nobelpreis für Medizin bekommen. Nun ist der Deutsche, der seit 30 Jahren in den USA forscht, zurück in Berlin – als Gastwissenschaftler am Berliner Institut für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health - kurz BIH. Sein Besuch in Berlin Ende November war der Auftakt eines großangelegten Forschungsprojektes, in dem es darum geht, wie Nervenzellen im Gehirn miteinander kommunizieren. Und was falsch läuft, wenn es zu neurologischen Erkrankungen wie Autismus, Schlaganfällen und Multipler Sklerose oder auch psychiatrischen Erkrankungen kommt.
Synapsen sind Schaltzellen im Nervensystem. Bei vielen Krankheiten funktionieren sie nicht mehr richtig
„Diese komplexen Prozesse sind bisher kaum verstanden“, sagte Südhof dem Inforadio Berlin. Da sei man erst ganz am Anfang der Erkenntnis. Dass er diese Erkenntnisse nun in Berlin erweitern will, ist nicht zuletzt seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Christian Rosenmund zu verdanken. Der Charité-Wissenschaftler und Sprecher des Exzellenzclusters Neurocure forscht auf demselben Feld und soll ihn „angeworben“ haben. Südhof ist der erste Gastwissenschaftler am BIH, der aus Mitteln der „Privaten Exzellenzinitiative Johanna Quandt“ für die translationale Forschung in Berlin gewonnen werden konnte.
„Durch das gemeinsame Forschungsprojekt von Thomas Südhof und Christian Rosenmund am Berliner Institut für Gesundheitsforschung wird der wissenschaftliche Austausch enorm vorangetrieben“, kommentiert Ernst Rietschel, Vorstandsvorsitzender des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung. „Ganz im Sinne des BIH werden ganzheitlichere Betrachtungen von neurologischen Mechanismen möglich sein, die auch für andere BIH-Forschungsprojekte, wie der Analyse von Erbkrankheiten bei Kindern, relevant sind.“
Südhof und Rosenmund kooperieren schon seit Jahren
An der Stanford Universität in Kalifornien hat Südhof bereits begonnen, anhand von Mausmodellen mutierte Proteine zu untersuchen, die eine Schlüsselrolle bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen spielen sollen. In den kommenden drei Jahren will der Biochemiker nun gemeinsam mit der Berliner Arbeitsgruppe von Neurowissenschaftler Rosenmund genauer verstehen, wie die Proteinveränderungen zur Entstehung und Entwicklung der Krankheit beitragen. Dafür wollen sie neben einem Mausmodell auch eine von Südhof weiterentwickelte Stammzell-Technologie anwenden und aus verschiedenen menschlichen Zellen sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen generieren. Diese Zellen werden auch als „Alleskönner-Stammzellen“ bezeichnet, weil deren Eigenschaften mit humanen embryonalen Stammzellen weitestgehend übereinstimmen. Damit soll es dann offenbar möglich sein, die Mechanismen neuronaler Fehlfunktionen in vielen anderen neurologischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen zu untersuchen.
Letztlich geht es um neue Therapien für neurologische Erkrankungen
Man erhoffe sich von dem auf drei Jahre ausgelegten Kooperationsprojekt vor allem eines: neue Werkzeuge zur Erforschung der Nervenzell-Kommunikation hier in Deutschland zu etablieren, teilten die beiden Wissenschaftler zum Projektstartschuss am 25. November mit. Dies schaffe die Grundlage, um neue und zielgerichtete Therapiemöglichkeiten für Patienten mit neurologischen Erkrankungen entwickeln zu können. Südhof selbst wird allerdings nur wenige Wochen pro Jahr in Berlin sein, seinen Job als Professor für Zellphysiologie an der renommierten Standford Universität will er behalten.
Foto: Wiebke Peitz I Charité – Universitätsmedizin Berlin