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Nicht jeder Verdacht ist gleich ein Behandlungsfehler

Donnerstag, 16. Mai 2013 – Autor:
Wenn Patienten einen Behandlungsfehler vermuten, können sie ihren Fall vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen prüfen lassen. In zwei Drittel der Fälle erweist sich der Verdacht jedoch als unbegründet. Das teilt der GKV Spitzenverband anhand einer aktuellen Auswertung von über 12.000 Gutachten aus 2012 mit.
Rund zwei Dritte der Behandlungsfehlervorwürfe richten sich gegen Krankenhäuser

Rund zwei Dritte der Behandlungsfehlervorwürfe richten sich gegen Krankenhäuser

Genau 12.483 Gutachten zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern haben die MDK- Gutachter im Jahr 2012 erstellt. Die Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, bejahten sie in fast jedem dritten Fall (31,5%). In zwei Dritteln konnten die Prüfer den Ärzten dagegen kein fehlerhaftes Verhalten nachweisen.

Insgesamt lagen in 2012 damit 3.932 ärztliche Behandlungsfehler vor. Rund zwei Drittel der Vorwürfe, nämlich 8.607 Fälle, richteten sich gegen Krankenhäuser; davon wurden 30 Prozent als tatsächliche Behandlungsfehler bestätigt. 3.872 Fälle - das ist rund ein Drittel - betrafen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Hier bestätigten die MDK-Gutachter 36 Prozent der Fehler-Vorwürfe. Nach Auskunft des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS) wurden die meisten Vorwürfe im Zusammenhang mit Operationen erhoben. Fehler traten am häufigsten bei Wurzelbehandlung der Zähne auf, gefolgt vom Hüft- und Kniegelenksersatz.

Chirurgen und Zahnärzte machen die meisten Fehler

So waren die operativen Fächer Orthopädie/Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie besonders betroffen, gefolgt von Zahnmedizin, Innere Medizin und Gynäkologie. Eine hohe Zahl von Vorwürfen sei aber nicht gleichzusetzen mit einer hohen Zahl tatsächlicher Fehler, erläutert Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern. „Gemessen an der Zahl der Vorwürfe werden die meisten Fehler in der Pflege, in der Zahnmedizin und in der Gynäkologie bestätigt." Bei der Interpretation der Zahlen mahnt Zobel zur Zurückhaltung: „Wir können Fehlerhäufungen in bestimmten Fachgebieten erkennen. Dies erlaubt aber keinen Rückschluss auf die Behandlungsqualität insgesamt, da weder die Gesamtzahl der Behandlungen noch die Zahl aller Behandlungsfehler bekannt sind."

Ein Patient hat erst dann Anspruch auf Schadensersatz, wenn nachgewiesen wurde, dass der ihm entstandene Schaden, tatsächlich durch den Fehler verursacht worden ist. Zunächst müssen die Gutachter aber klären, ob überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt. Das kürzlich in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Patientenrechte hat nach Ansicht des MDS-Vize Dr. Stefan Gronemeyer die Situation der Betroffenen nur teilweise verbessert. Er sieht in Anbetracht der unveränderten Zahl der bestätigten Behandlungsfehler Handlungsbedarf und forderte ein bundesweites Behandlungsfehlerregister.

Behandlungsfehler

Der Medizinische Dienst der Krankeassen ist nur eine Instanz, die Gutachten bei Behandlungsfehlervorwürfen erstellt. Auch die Ärztekammern bieten Schlichtungsstellen an. Diese melden jährlich etwa genauso viele Behandlungsfehler wie der MDK. Die Zahl von knapp 4.000 gibt daher nur einen Teil aller Behandlungsfehler wieder, zumal ungezählte Fälle bei Gerichten und Versicherungen hinzukommen – oder Behandlungsfehler gar nicht erst angezeigtwerden.

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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