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Neurologische Post-COVID-Ambulanz der Charité veröffentlicht Auswertung

Montag, 8. November 2021 – Autor:
Vor allem Menschen mit einem leichten Covid-Verlauf sind vom Post-Covid-Syndrom betroffen. Das geht aus einer Auswertung der neurologischen Post-COVID-Ambulanz der Charité hervor. Kognitive Beeinträchtigungen sind demnach wesentlich häufiger als Riechstörungen.
Brain Fog und andere kognitive Beeinträchtigungen: Post-Covid ist ein wachsendes Problem

Brain Fog und andere kognitive Beeinträchtigungen: Post-Covid ist ein wachsendes Problem – Foto: © Adobe Stock/ Alliance

Neurologische Symptome sind beim Post-Covid-Syndrom weit verbreitet. Gemäß der Definition der britischen NICE-Guidelines liegt ein Post-Covid-Syndrom vor, wenn die Beschwerden länger als drei Monate fortbestehen. Für Betroffene hatte die Charité im vergangenen Jahr eine spezielle Neurologische Post-COVID-Ambulanz eingerichtet. Nun wurden die klinischen Daten der ersten 100 Patienten ausgewertet und auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Die entsprechende Publikation erschien  im Fachjournal "Frontiers of Neurology".

89 Prozent hatten leichte Covid-Verläufe

Auch COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit milden Verläufen litten unter Langzeitfolgen, wurde berichtet. So hatten 89 Prozent der behandelten Patienten einen leichten COVID-19-Verlauf ohne stationäre Behandlung gehabt. Das mittlere Alter lag bei 45,8 Jahren, die Mehrzahl der Betroffenen war weiblich (67%). Neben einem kognitiven Screening mit dem „Montreal Cognitive Assessment“ (MoCA) setzten die Charité-Ärzte weitere Fragebögen ein, um die Diagnosen zu sichern: die „Epworth Sleepiness Scale“ (ESS), das „Beck Depression Inventory Version I“ (BDI) und die „Fatigue Severity Scale“ (FSS).

Kognitive Beeinträchtigungen sind die häufigsten neurologischen Post-Covid-Symptome

Kognitive Beeinträchtigungen traten mit 72 Prozent am häufigsten auf, dicht gefolgt von Fatigue mit 67 Prozent. Unter Kopfschmerzen und persistierende Riechstörungen litten jeweils 36 Prozent. Im Gegensatz zu der häufigen Fatigue-Symptomatik war eine exzessive Tagesmüdigkeit nur bei einem Drittel der Betroffenen vorhanden. Es folgten Myalgien also Muskelschmerzen mit 21 Prozent, Schwindel (20%) und verschiedene Schmerzsyndrome (17%). Darüber hinaus zeigten 5,5 Prozent aller Patienten Symptome einer schweren Depression.

Keine Hinweise auf bleibende Schäden im zentralen Nervensystem

Die Sorge, dass das zentrale Nervensystem dauerhaft geschädigt wird, konnte indes eine schwedische Studie jedenfalls teilweise entkräften. In der Studie wurde untersucht, ob neurologische Probleme wie brain fog, Gedächtnisstörungen oder Fatigue nach einer COVID-19-Erkrankung mit einer Erhöhung verschiedener Plasma-Biomarker einhergehen, die Schädigungen des zentralen Nervensystems anzeigen. Tatsächlich waren die Biomarker nur in der akuten Krankheitsphase erhöht, normalisierten sich dann aber im Verlauf. Dennoch berichtete jeder zweite Betroffene nach sechs Monaten noch über anhaltende neurologische Beschwerden, am häufigsten über Fatigue, „brain fog“ und  Beeinträchtigungen der Kognition. Diese Symptome bestanden unabhängig von den ZNS-Biomarker-Konzentrationen in der Akutphase. Die Ergebnisse werden von den Autoren so interpretiert, dass die neurologischen Post-COVID-19-Symptome eher nicht in Zusammenhang mit einer möglichen bleibenden ZNS-Schädigung stehen.

Kausale Therapie nicht in Sicht

Unklar ist bislang, warum so viele Patienten über Monate unter neurologischen Problemen leiden. Diskutiert werden Schädigungen der Blutgefäße im Gehirn, eine anhaltende Entzündung sowie autoimmunologische Mechanismen. Letzteres scheint insbesondere bei chronischer Fatigue eine Rolle zu spielen.

„Weitere Forschung zu den pathophysiologischen Mechanismen ist dringend erforderlich“, sagte Dr. Christiana Franke von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Im Moment erfolge die Therapie primär symptomatisch, „eine kausale Therapie ist nicht absehbar.

Hauptkategorien: Medizin , Berlin , Corona
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