Neuroborreliose nicht dauerhaft mit Antibiotika behandeln

Experten empfehlen Kurzzeittherapie: Eine klinisch abgesicherte Neuroborreliose spricht gut auf das Antibiotikum Doxycyclin an – Foto: boygostockphoto - Fotolia
Patienten mit liquordiagnostisch gesicherter Neuroborreliose haben oft einen guten Langzeitverlauf. Darum ist eine Langzeittherapie mit Antibiotika nicht indiziert. Vielmehr reicht ein zwei- bis dreiwöchige Antibiotikatherapie aus. Zu diesem Ergebnis kommt ein systematisches Review der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit dem deutschen Cochrane‐Institut. Die Ergebnisse wurden letzte Woche auf der 89. Jahrestagung der DGN in Mannheim vorstellt. „Eine längere oder intensivere Antibiotikatherapie bringt keinen Zusatznutzen, sondern setzt die Patienten aufgrund der Nebenwirkungen einem unnötigen Risiko aus“, sagte Neuroborreliose‐Spezialist Prof. Sebastian Rauer vom Universitätsklinikum Freiburg.
Die Ergebnisse der Studie stützen die bisherigen Empfehlungen, wonach bei Neuroborreliose eine kurze Antibiotikatherapie ausreichend ist. „Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die von manchen Kollegen durchgeführte Langzeittherapie oder die Kombination von Antibiotika für die Patienten einen Vorteil bringt“, erklärte Rauer.
Studie bestätigt die Gabe von Doxycyclin
Außerdem bestätigt die Auswertung, dass zur Behandlung der frühen Neuroborreliose das Antibiotikum Doxycyclin gleichermaßen wirksam und verträglich ist wie die intravenös zu verabreichenden Betalaktam‐Antibiotika. Der Vorteil von Doxycyclin ist, dass es in Tablettenform verabreicht werden kann. Nicht geklärt werden konnte, ob Doxycyclin auch bei der seltenen späten Neuroborreliose ausreichend ist. Da diese in weniger als zwei Prozent aller Neuroborreliose‐Fälle vorliegt, waren die Fallzahlen für eine abschließende Beurteilung zu gering.
Neuroborreliose häufig fehl diagnostiziert
In der Übersichstarbeit wurden Therapie‐ und Verlaufsstudien zur Neuroborreliose mit insgesamt 1.311 Patienten systematisch ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Patienten mit einer liquordiagnostisch gesicherten Neuroborreliose überwiegend gutartige Krankheitsverläufe aufwiesen. Dagegen fanden sich deutlich häufiger ungünstige Verläufe mit unspezifischen Beschwerden bei Patienten, bei denen die Diagnose einer Neuroborreliose lediglich vermutet und nicht durch eine Liquoruntersuchung bestätigt wurde. Chronische Beschwerden wie Fatigue, Neurasthenie, Konzentrationsstörungen, Fibromyalgie sowie weitere unspezifische Symptome werden häufig auf eine vermeintliche chronische Borrelieninfektion zurückgeführt. „Wir können davon ausgehen, dass bei letzteren Patienten oftmals keine Neuroborreliose, sondern eine andere Erkrankung, die nicht auf Antibiotika anspricht, zugrunde liegt“, sagte Rauer.
Neue Borreliose-Leitlinie erscheint 2017
Derzeit liegt zur Neuroborreliose eine S1‐Leitlinie vor. Eine S3‐Leitlinie ist in Arbeit und soll Anfang 2017 erscheinen. In die neue Leitlinie fließen auch Erkenntnisse aus der in Mannheim vorgestellten Übersichtsarbeit ein.
Foto: © boygostockphoto - Fotolia.com