Neuro-COVID: 80 Prozent der schwer Betroffenen sind neurologisch vorerkrankt

COVID-19 kann auch das Nervensystem schädigen. Neurologische Vorerkrankungen begünstigen Neuro-COVID – Foto: © Adobe Stock/ fizkes
Eine Infektion mit dem Coronavirus kann auch das Nervensystem schädigen. Das als Neuro-COVID bezeichnete Phänomen tritt häufiger auf als gedacht: Nach einer aktuellen Studie des Universitätsklinikums Duisburg-Essen treten bei 60 Prozent der im Krankenhaus behandelten COVID-19-Patienten neurologische Symptome auf. Fast ein Viertel der Patienten erlitt sogar schwere neurologische Komplikationen wie Schlaganfälle oder Hirnblutungen. Mildere Symptome wie eine allgemeine körperliche Schwäche oder Gedächtnisstörungen zeigten sich bei einem weiteren Viertel der Betroffenen.
Risikofaktoren für Neuro-COVID
Für die Studie hatten die Wissenschaftler Daten von 100 Patienten zwischen 20 und 95 Jahren genauer analysiert. Dabei fanden sie auch Hinweise, welche Faktoren Neuro-COVID begünstigen.
80 Prozent der schwer von Neuro-COVID betroffenen Patienten waren bereits neurologisch vorerkrankt. Außerdem korrelierten die neurologischen Symptome mit der Schwere des allgemeinen Krankheitsverlaufs. „Je heftiger sich COVID-19 auf die Atemwege auswirkt, desto schwerer verläuft auch Neuro-COVID“, erklärt Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen.
Je schwerer das Nervensystem geschädigt war, desto mehr Todesfälle traten auch auf. „Wir sehen zudem einen Zusammenhang zwischen der Sterblichkeitsrate und der Schwere der neurologischen Symptome: von Patientinnen und Patienten ohne NeuroCOVID sterben rund 15 % – ist das Nervensystem stark in Mitleidenschaft gezogen, liegt die Sterblichkeitsrate dagegen fast dreimal so hoch“, erläutert PD Dr. Dr. Mark Stettner, Oberarzt der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen.
Entzündungsmarker im Gehirn gefunden
Klinische Untersuchen zeigten, dass bei rund der Hälfte der schwer Erkrankten die schützende Barriere zwischen Blutkreislauf und Gehirn, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, nicht mehr intakt war, da Werte bestimmter Entzündungsstoffe in der Hirngewebsflüssigkeit erhöht waren. Die Wissenschaftler fanden außerdem in 35 Prozent der Fälle verschiedene Antikörper gegen das körpereigene Nervengewebe.
Die Studie aus Essen war mit 100 Patienten relativ klein. Sie gibt jedoch wichtige Hinweise, dass neurologische Vorerkrankungen ein Risikofaktor für Neuro-COVID sind.