Neues Alzheimer-Medikament Aduhelm bekommt keine EU-Zulassung

Obwohl Aduhelm Beta-Amyloid-Plaques im Gehirn reduziert, wurde das neue Alzheimer-Medikament nicht in der EU zugelassen. Der klinische Nutzen sit nicht offensichtlich – Foto: © Adobe Stock/ Chinnapong
Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat den Alzheimer-Wirkstoff Aducanumab nicht in Europa zugelassen. Damit wird der Wirkstoff mit dem Handelsnamen Aduhelm auch nicht in Deutschland auf den Markt kommen.
Nutzen-Risiko-Bilanz hat zur Ablehnung des Zulassungsantrags geführt
In Studien konnte Hersteller Biogen zwar belegen, dass Aducanumab wirksam die alzheimertypischen Eiweiß-Ablagerungen aus Beta-Amyloid im Gehirn entfernt. Doch ob sich damit auch die kognitiven Fähigkeiten Patienten verbessern, wurde bislang nicht belegt. Zudem wurden teils schwerwiegende Nebenwirkungen in den Studien beobachtet. Bei 35 Prozent der Patienten traten sogenannte Amyloid-bedingte Schädigungen – kurz ARIA – auf, also vorübergehende Schwellungen oder Mikroblutungen im Gehirn. Überdiese verschärften sich häufig kognitive Probleme oder Verwirrtheit unter der Therapie.
Aufgrund dieser Nutzen-Risiko-Bilanz hat die EMA den Zulassungsantrag abgelehnt. Bereits im November hatte sich ein externes Beratergremium gegen eine Zulassung in Europa ausgesprochen, die EMA ist der Empfehlung nun gefolgt.
EMA entscheidet anders als FDA
In den USA ist Aduhelm seit Sommer unter Auflagen zugelassen. Die Zulassung war wegen des fehlenden Wirksamkeitsnachweises höchst umstritten. Die FDA hatte die Zulassung an die Auflage geknüpft, dass Biogen begleitend die Wirksamkeit des Antikörpers mit einer weiteren Studie nachweist. Kann Biogen keine entsprechenden Daten vorweisen, wird Aduhelm wohl auch seine Zulassung in den USA verlieren.
Das sagen Alzheimer-Experten zur EMA-Entscheidung
Aus Sicht der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative hat die EMA angesichts der aktuellen Studienlage eine richtige Entscheidung getroffen. Die Ergebnisse der beiden bisherigen Phase 3-Studien seien widersprüchlich und belegten nicht überzeugend, dass Aduhelm den Betroffenen auch tatsächlich spürbar helfe, schreibt die AFI in einer Stellungnahme. Es sei erfreulich, „dass die EMA nicht der Entscheidung aus den USA gefolgt ist und ein Medikament ohne Wirksamkeitsnachweis zugelassen hat.“
Beta-Amyloid-Plaques sind nicht alles
Neben Aducanumab werden derzeit noch weitere Wirkstoffe in Studien untersucht, die sich gegen Beta-Amyloid-Plaques richten- Ob sie erfolgsversprechender sind, ist derzeit noch ungewiss. Das Problem bei Alzheimer ist, dass die Erkrankung sehr komplex ist und neben Beta-Amyloid-Proteinen noch weitere Krankheitsmechanismen eine Rolle spielen, etwa das Tau-Protein oder entzündliche Prozesse.
Die AFI fordert deshalb eine möglichst breite Grundlagenforschung. „Denn wir werden die Alzheimer-Krankheit vermutlich nicht mit einem Wirkstoff heilen können, sondern es werden Kombinationstherapien gebraucht, die individuell an unterschiedlichen Krankheitsmechanismen ansetzen.“
Ähnlich äußerte sich auch Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gegenüber Gesundheitsstadt Berlin. Das im September geführte Gespräch über Aducanumab und den Stand der Alzheimer-Forschung finden Sie hier.