Neuer Wirkstoff gegen Neurodermitis erfolgreich an Patienten getestet

Quälender Juckreiz ist ein Kennzeichen der Neurodermitis – Foto: ©Gina Sanders - stock.adobe.com
Menschen mit Neurodermitis leiden unter trockener, schuppiger und geröteter Haut, die quälend juckt. Sind die betroffenen Hautpartien gut sichtbar, kommt gesellschaftliche Stigmatisierung hinzu. Schwere Formen zu behandeln war bislang kaum möglich.
Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) arbeiten seit einigen Jahren an einem neuen Behandlungsansatz, der nun erstmals am Menschen erprobt wurde. Mit Erfolg: Der neue Wirkstoff, der als Tablette eingenommen werden kann, verbesserte die Haut der Patienten deutlich.
Rötungen, Bläschen und Kratzspuren deutlich reduziert
Bereits nach acht Wochen reduzierte sich der Anteil an kranker Haut mit Rötungen, Bläschen und Kratzspuren um die Hälfte. An der klinischen Studie nahmen 98 Patienten teil, heißt es weiter in einer Pressemitteilung.
Bei dem Wirkstoff handelt es sich um einen Histamin-4-Rezeptor-Blocker. Er verhindert, dass der Botenstoff Histamin an bestimmten Zellen andockt, unterbricht so den Entzündungsprozess und lindert den Juckreiz. Der Rezeptor auf diesen Zellen wurde im Jahr 2000 entdeckt und seither kontinuierlich erforscht.
Neuer Wirkstoff gegen Neurodermitis mit Erfolg an Patienten getestet
"Labor- und In-vivo-Ergebnisse im Mausmodell, die wir seit 2005 kontinuierlich veröffentlichten, sprachen dafür, dass der Histamin-4-Rezeptor eine interessante Zielstruktur für die Behandlung der Neurodermitis ist", berichtet Professor Dr. Thomas Werfel von der MHH-Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie. Der Mediziner konzipierte die klinische Studie zusammen mit einem der Entdecker des Histamin-4-Rezeptors und einem Unternehmen.
Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet, die auf die Gabe des Medikamentes zurückführbar waren. Der neue mit Erfolg getestete Wirkstoff gegen Neurodermitis soll nun in einer größeren internationalen Studie an rund 400 Patienten erprobt werden, um die optimale Dosierung herauszufinden.
Schwere Formen bislang mit Immunsuppressiva behandelt
Neurodermitis hat unterschiedliche Ursachen, dazu zählen hautreizende Stoffe, bestimmte Allergene sowie mikrobielle, hormonelle und psychische Einflüsse. "Wir gehen davon aus, dass der Histamin-4-Rezeptor-Blocker unabhängig von der Ursache der Neurodermitis wirkt und untersuchen derzeit, welche Patienten am stärksten von der neuen Therapie profitieren können", sagt Professor Werfel.
Grundsätzliche förderlich bei Neurodermitis sind Patientenschulungen. Zudem spielen äußerlich angewendetet Kortison-Verbindungen und Calcineurin-Inhibitoren eine zentrale Rolle. Schwere Formen der Neurodermitis wurden bisher mit dem Immunsuppressivum Cyclosporin behandelt, welches jedoch viele Nebenwirkungen hat.
Neurodermitis: Antikörper Dupilumab muss gespritzt werden
Seit einem Jahr steht der Antikörper Dupilumab zur gezielten Hemmung von Botenstoffen der allergischen Entzündung zur Verfügung. "Dupilumab stellt einen sehr großen Fortschritt in der Behandlung von schwer betroffenen Patienten dar, hilft aber nicht allen ausreichend gut. Zudem muss das Medikament gespritzt werden, was vor allem Kinder, die besonders häufig an Neurodermitis leiden, schwerer tolerieren", so Werfel.
Die Erkrankung betrifft rund elf Prozent aller Mädchen und Jungen im Vorschulalter sowie ein bis zwei Prozent der Erwachsenen in Deutschland, bei vielen ist die Erkrankung chronisch und verläuft schwer. Die aktuelle Studie wurde in der Fachzeitschrift Journal für Allergy and Clinical Immunology veröffentlicht.
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