Neuer Ansatz soll Reanimation nach Herzstillstand verbessern

Freiburger Reanimationsverfahren verbessert das Outcome nach Herzstillstand – Foto: © Adobe Stock/ invisiblehand
Und plötzlich steht das Herz still: In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 50.000 Menschen einen Herzstillstand. Wenn nicht gerade Ärzte oder Sanitäter zur Stelle sind, liegen die Überlebenschancen lediglich bei 10 Prozent. Außerdem tragen die Überlebenden oft schwere bleibende neurologische Schäden davon.
Bessere Überlebenschancen nach Herzstillstand
Doch auch in puncto Reanimation geht der medizinische Fortschritt weiter. Wissenschaftler der Universitätsklinik Freiburg haben ein Konzept entwickelt, das sich Controlled Automated Reperfusion of the whole Body – kurz CARL nennt. Es umfasst neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, aber auch eine neuartige mobile Herz-Lungen-Maschine, die Ärzte des Klinikums zusammen mit Technikern entwickelt haben. Nach Angaben der Freiburger Wissenschaftler besteht damit die Aussicht, dass Menschen nach einem Herzstillstand wesentlich länger und besser überleben können als man bisher angenommen hat.
„Nach jahrzehntelanger Forschung konnten wir in Freiburg eine neue Behandlungsmethode entwickeln, um die sonst üblichen Schäden nach Herzstillstand und Reanimation zu verringern“, betont Prof. Friedhelm Beyersdorf, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg in einer Medienmitteilung. „Unsere Erkenntnisse und das von uns entwickelte Gerät könnten von großer Bedeutung für die Notfallmedizin sein.“
Pilotstudie zeigt Erfolge
In einer ersten Pilot-Studie konnten mit der CARL-Therapie viele der Betroffenen gerettet werden. Etwa ein 43-jähriger Patient, der den Angaben zufolge nach 70 Minuten Reanimation mit CARL voll genesen ist und wieder arbeiten kann. Oder eine Patientin, die zuhause einen Herzstillstand erlitt, und nach einer Ersthelfer-Reanimation per Helikopter ins Universitätsklinikum Freiburg gebracht wurde. „Hier wurde die Patientin sofort an das CARL-Gerät angeschlossen und – nach 120 Minuten – erfolgreich reanimiert“, berichtet der Intensivmediziner Prof. Georg Trummer. „Die Patientin erlitt keine Schädigung des Gehirns und konnte in ihren Beruf zurückkehren.“
Gehirn rasch mit Sauerstoff versorgen
Was macht CARL anders? Der kritischste Punkt bei einer Reanimation ist die schnelle Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff. „Durch einen hohen, pulsartigen Blutdruck während der kontrollierten Ganzkörper-Reperfusion (CARL-Therapie) können wir das Gehirn am schnellsten wieder versorgen“, erklärt Herzchirurg Beyersdorf. Der Sauerstoffgehalt müsse aber niedrig sein und dürfe nur langsam gesteigert werden, da sonst freie Radikale im Gewebe entstünden. „Diese sehr aggressiven Moleküle können dann unter anderem die Mitochondrien angreifen, die als Kraftwerke der Zellen fungieren. Auch eine reduzierte Kalziumkonzentration im Blut hilft, die Mitochondrien zu schützen.“ Ganz wichtig sei es, die Körpertemperatur der Patienten möglichst rasch zu senken, „um Stoffwechselprozesse zu verlangsamen“, erklärt der Freiburger Studienleiter.
Die wichtigsten therapeutischen Faktoren für eine erfolgreiche Reanimation, haben die Freiburger Wissenschaftler zusammen mit Kollegen am 21. Juli im Fachmagazin Nature Reviews Neuroscience veröffentlicht. Eine weitere Studie an drei europäischen Universitäten ist geplant, um die vielversprechenden Ergebnisse der Pilotstudie zu erhärten.