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Neue Zeckenarten sind in Deutschland aktiv

Sonntag, 2. Mai 2021 – Autor:
Wenn wir uns beim Wandern in der Natur, bei einer Kajak-Tour oder beim Pilze Sammeln eine „Zecke“ einfangen, dann haben wir es meist mit dem in Mitteleuropa typischerweise heimischen „gemeinen Holzbock“ zu tun. Wahrscheinlich infolge des Klimawandels kommen jetzt weitere hinzu – neuerdings sogar eine aus den Tropen. Anders als die abwartenden mitteleuropäischen Spinnentiere, jagt diese möglichen Opfern aktiv hinterher.
Eine Auwaldzecke wartet auf einem Grashalm auf ein Wirtstier.

Eine Auwaldzecke wartet auf einem Grashalm auf ein Wirtstier. – Foto: AdobeStock/mirkograul

Es tut sich was, in der Zeckenszene. Erstes spielt der Klimawandel den von Outdoor-Freunden gefürchteten Spinnentieren in die Hände. Mildere Winter dezimieren viel weniger als eisige den Bestand an Ungeziefer in der Natur. Weil die Winter milder und damit kürzer sind, ist automatisch auch die Zeckensaison länger, schließlich fangen sie ab etwa 8 Grad Außentemperatur an, aus ihren Verstecken zu krabbeln und aktiv zu werden.

Zecken brauchen Blut – und übertragen Krankheiten

Bei ihrer Nahrungssuche haben sie es auf das Blut anderer Tiere abgesehen. Allerdings sind manche Zeckenarten nicht so wählerisch und befallen auch den Menschen. Dabei können sie Krankheiten wie beispielsweise die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME), eine Form der Hirnhautentzündung, übertragen. Oder Lyme-Borreliose, die häufigste bakterielle Infektionskrankheit in Deutschland. Sie kann zu  chronischen und entzündlichen Erkrankungen der Sinnesorgane und der Gelenke und Muskeln führen, außerdem zu neurologischen Störungen.

2020: Neues Rekordhoch bei FSME-Fällen

Das vergangene Jahr war nicht nur aufgrund von Corona, sondern auch bei Zeckenerkrankungen ein Rekordjahr. Noch nie haben sich in Deutschland so viele Menschen nach Zeckenbissen im Grünen mit Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) angesteckt wie im vergangenen Jahr. 704 Fälle wurden beim Robert-Koch-Institut aktenkundig. Neu ist: Die von Zecken übertragene Infektionskrankheit, die tödlich enden kann, wandert Richtung Norden – und tritt in der Natur verstärkt in größeren Höhen auf. Fünf neue Landkreise am Nordrand des traditionellen Risikogebiets Bayern/Baden-Württemberg kamen 2020 hinzu. Insgesamt sind derzeit 169 Kreise deutschlandweit als FSME-Risikogebiete klassifiziert.

Was Klimawandel und wärmere Winter für die Zeckensaison in Mitteleuropa bedeuten

Wer in Deutschland von „Zecke“ spricht, der hatte in der Vergangenheit in den allermeisten Fällen mit dem sogenannten Holzbock zu tun. Er ist die klassische Zecke Mitteleuropas. Fiel der Holzbock in früheren kalten Wintern gewöhnlich in eine Art Winterschlaf, registrieren Zeckenforscher nun, dass unsere vertraute Zeckenart, jetzt nicht mehr nur in wärmeren Jahreszeigen aktiv ist, sondern zum Teil auch schon im Winter.

Auch die Auwald-Zecke breitet sich immer weiter aus

Zusätzlich zum Holzbock breitet sich auch die sogenannte Auwaldzecke, Dermacentor reticulatus, in Deutschland immer weiter aus. Sie ist grundsätzlich das ganze Jahr über aktiv. „Zwar befällt sie Menschen nicht so gern, aber sie könnte durchaus eine Rolle bei der Ausbreitung des FSME-Erregers spielen“, sagt Ute Mackenstedt, Zeckenexpertin an der Universität Hohenheim. „Uns ist letztes Jahr zum ersten Mal eine Auwaldzecke aus Sachsen eingeschickt worden, in der wir FSME-Viren nachweisen konnten.“

Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) liegen noch genauere Erkenntnisse über die Ausbreitungsgebiete der Auwaldzecke vor. Neben dem Saarland und Rheinland-Pfalz gebe es Berichte über ihr Vorkommen aus den Großräumen München und Leipzig sowie den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, heißt es beim BVL.

Aktive Jägerin: Die Tropenzecke Hyalomma

Neben den einheimischen Zeckengattungen breitet sich neuerdings in Deutschland noch eine exotische aus: Die tropische Hyalomma-Zecke ist eigentlich in Afrika, Asien und Südeuropa beheimatet und wurde vermutlich über Zugvögel eingeschleppt. „Sie überträgt zwar keine FSME, aber in ihrem eigentlichen Verbreitungsgebiet überträgt Hyalomma verschiedene andere Krankheitserreger, die das so genannte Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber, das Arabisch Hämorrhagische Fieber und eine Form des Zecken-Fleckfiebers hervorrufen können“, sagt die Stuttgarter Zecken-Forscherin Ute Mackenstedt. „Bislang konnten wir in Deutschland zum Glück jedoch nur die Erreger des Zecken-Fleckfiebers nachweisen.“

„Das Besondere an Hyalomma ist ihr Jagdverhalten“, beschreibt Mackenstedt weiter. „Anders als unsere heimischen Zecken wie der gemeine Holzbock klettert sie nicht an Gräsern oder Sträuchern hoch und lässt sich von Wildtieren oder Wanderern abstreifen. Hyalomma jagt ihre Beute aktiv, erkennt Warmblüter auf Distanzen von bis zu 10 Metern und kann sie über mehrere 100 Meter verfolgen.“

Hauptkategorie: Medizin
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