Neue Wege in der Translationsforschung
Zwischen der Grundlagenforschung und der Anwendung ihrer Ergebnisse im klinischen Alltag klafft oft eine große Lücke. Patienten müssen dadurch zu lange auf neue Therapien und Medikamente warten. Um den Prozess der Überführung der Forschung in medizinische Therapien zu beschleunigen, fordern Wissenschaftler der Charité - Universitätsmedizin Berlin nun gemeinsam mit weiteren internationalen Translationszentren, die Translationsforschung grundlegend neu zu denken. Ihr Anliegen veröffentlichten sie in der Zeitschrift „Science Translational Medicine“.
Translation vom Patienten aus denken
Nach Ansicht der Autoren ist es notwendig, den gesamten Prozess der Translation vom Patienten aus zu denken. Dies würde unter anderem eine verbesserte Rückkopplung zwischen Grundlagenforschern und Klinikern erfordern. Forscher müssten nachvollziehen können, ob und wie ihre Forschungsergebnisse in Medikamente oder Therapien überführt werden können - meist erfahren sie jedoch zu wenig Rückmeldung aus dem klinischen Alltag. Professor Georg Duda, Stellvertretender Direktor des Berlin-Brandenburger Centrums für Regenerative Therapien (BCRT) der Charité und Erstautor der Veröffentlichung, betont: „Zu verstehen, warum eine neue Therapie bei dem einen Patienten wirkt und bei einem anderen nicht, ist ein wesentlicher Teil der Forschung."
Auch eine Stärkung des interdisziplinären Arbeitens wäre wichtig. Nur wenn Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam forschen und frühzeitig auch Experten der Industrie und der Krankenkassen sowie Patientenvertreter einbinden, ist eine erfolgreiche und schnelle Translation möglich. Zudem benötigen nach Meinung der Studienautoren die Grundlagenforscher ein Verständnis über Zulassungsverfahren, um alle Möglichkeiten der Forschungsarbeit zu erkennen.
Auch Misserfolge thematisieren
Die Wissenschaftler fordern auch ein Umdenken im Wissenschaftssystem. Noch werden wissenschaftliche Erfolge überwiegend als Einzelleistungen belohnt. „Neue akademische Anreize müssen geschaffen werden, um die längerfristigen Vorteile für Teamarbeit aufzuzeigen“, so Professor Hans-Dieter Volk, Direktor des BCRT und Co-Autor der Studie. Auch Misserfolge im Translationsprozess sollen in Zukunft stärker thematisiert werden. Fehlerquellen und sogenannte investigator-driven trials sollten zum Nutzen aller in der wissenschaftlichen Gemeinschaft kommuniziert und diskutiert werden.
Die Translationsexperten wollen gemeinsam mit dem Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien und dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH) ein Umdenken in der Translationsforschung bewirken. Dies erfordere auch neue Finanzierungsmöglichkeiten, so die Wissenschaftler, denn oft fehle die Brückenfinanzierung von der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Vereinzelt bestehen bereits kreative Ansätze, beispielsweise durch Partnerschaften von öffentlichen Fördereinrichtungen und Industrie. Diese müssten weiter ausgebaut werden.
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