Neue Therapien gegen das Glioblastom versprechen bessere Prognose
Glioblastome sind extrem schwer zu behandeln. Die Krebszellen wachsen diffus ins Gehirn ein und lassen sich darum bei einer Operation niemals vollständig entfernen. Erst kürzlich haben Wissenschaftler aus Heidelberg gezeigt, dass die Glioblastomzellen eine Netzstruktur ausbilden und somit das gesamte Zentralnervensystem infiltrieren. Selbst systemische Therapien wie die Chemotherapie können dagegen nichts ausrichten, geschweige denn eine Bestrahlung. Daher versterben mehr als 90 Prozent aller Patienten innerhalb der ersten fünf Jahre.
Allerdings sagt ein statistischer Durchschnittswert nichts über die individuelle Prognose im Einzelfall aus. Laut Prof. Wolfgang Wick vom Universitätsklinikum Heidelberg sind durch die molekulare Tumordiagnostik bereits heute viele Patienten besser behandelbar – mit messbaren Erfolgen. „Diese Patienten haben oft eine viel günstigere Prognose und leben teilweise viele Jahre beschwerdefrei“, erklärte Wick zum Welthirntumortag am 8. Juni.
Prognose hängt vom Tumorprofil ab
Hintergrund ist, dass viele Patienten inzwischen molekular definierten Subgruppen zugeordnet werden können. In diesen Fällen sind die veränderten Zellstrukturen bekannt, die das Tumorwachstum antreiben, und bestenfalls gibt es gegen die Tumortreiber schon zielgerichtete Medikamente. Diese Medikamente wirkten oft sehr viel besser als die gängige Standardtherapie aus Operation, Bestrahlung und Chemotherapie, meint Wick, weil sie präziser gegen den Tumor gerichtet seien. Dem Neuroonkologen zufolge wird man in den nächsten Jahren noch sehr viel mehr Glioblastome bestimmten Subgruppen zuordnen können und weitere zielgerichtete Therapien zur Verfügung haben. „Damit werden wir nicht das Glioblastom insgesamt besiegen, aber einzelne Patienten werden davon profitieren“, sagte er.
Glioblastom wird künftig in weitere Subgruppen unterteilt
Umfassende molekulare Untersuchungen bei der Erstdiagnose werden heute zum Beispiel am Universitätsklinikum Heidelberg und an allen Standorten des Deutschen Krebskonsortiums (DKTK) angeboten, wozu auch die Charité in Berlin gehört. Diese aufwändigen Untersuchungen des Tumorgewebes sind Voraussetzung für eine Therapie mit den neuen zielgerichteten Medikamenten und anderen innovativen Ansätzen. Ein wichtiger Marker, der dabei bestimmt wird, ist zum Beispiel das Enzym IDH1. Bei einigen wenigen Glioblastomen und bei der Mehrzahl der niedriggradigen Gliome ist das Enzym so tumorspezifisch verändert, dass es inzwischen zu einer wichtigen Zielscheibe geworden ist: Eine Impfung gegen IDH1 mutierte Gliome sowie ein spezieller Hemmstoff, der IDH1 blockiert, werden gerade in klinischen Phase I Studien getestet.
Experte hält Immuntherapie für aussichtsreich
Hirntumorspezialist Wolfgang Wick bescheinigt darüber hinaus noch weiteren neuartigen Behandlungen gute Chancen, etwa der Therapie mit Parvorviren oder dem Wirkstoff APG101, der Wachstumssignale an die Glioblastomzellen unterdrückt. In einer Phase II-Studie konnte das neue Krebsmittel APG101in Kombination mit einer Strahlentherapie das Gesamtüberleben einer bestimmten Gruppe von Glioblastompatienten signifikant steigern. Und zur viel diskutierten Immuntherapie sagte er: „Die Methode, das Immunsystem gegen den Tumor zu aktivieren, halte ich für durchaus aussichtsreich.“
Foto: DKFZ-Radiologen beurteilen einen Hirntumor: © Tobias Schwerdt, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ)