Immer wieder wird der Sinn von Mammographie-Screenings diskutiert. Eigentlich sollen sie dazu beitragen, Brustkrebs so früh wie möglich zu erkennen und damit die Mortalität der Patientinnen zu senken. Kritiker wenden jedoch ein, dass bei der Mammographie auch oft kleine Tumore entdeckt und danach behandelt werden, die eventuell nie gefährlich geworden wären und sich auch ohne Behandlung spontan zurückgebildet hätten. Dass es solche Überdiagnosen gibt, wird heute nicht mehr bezweifelt, doch inwieweit sie den allgemeinen Nutzen des Screenings infrage stellen, ist umstritten.
Studie zu Mammographie-Screenings
Die Studie eines Wissenschaftler-Teams von der Harvard Universität in Cambridge gießt nun scheinbar Wasser auf die Mühlen der Kritiker. In der Studie führten Mammographie-Screenings zwar zu einem Anstieg von Frühdiagnosen bei Brustkrebs, senkten jedoch nicht die Sterblichkeit durch Mammakarzinome. Die Ergebnisse der Analyse wurden im Fachmagazin JAMA Internal Medicine veröffentlicht.
Überlebensrate stieg nicht an
Für die Studie wurden Daten aus 547 US-Bezirken erhoben. Unter den insgesamt 16 Millionen Frauen waren 53.207 an Brustkrebs erkrankt. Die Betroffenen wurden in den folgenden zehn Jahren regelmäßig untersucht. Die Wissenschaftler stellten nun zwei Datensätze gegenüber. Zunächst ermittelten sie den Anteil an Frauen im Alter von über 40 Jahren, die in den letzten beiden Jahren am Mammographie-Screening teilgenommen hatten – getrennt nach den Regierungsbezirken. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass in Bezirken, in denen mehr Frauen an den Screenings teilgenommen hatten, mehr Brustkrebserkrankungen diagnostiziert worden waren.
Dann untersuchten die Forscher Daten aus einer Analyse eines US-Krebsregisters. Die Wissenschaftler wollten damit prüfen, ob in den Bezirken, in denen häufig gescreent wurde, in den folgenden zehn Jahren weniger Frauen an Brustkrebs starben. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Überlebensrate nach der Brustkrebsdiagnose blieb der Studie zufolge unverändert, egal, ob die Screening-Rate in den betreffenden US-Bezirken hoch oder niedrig war. Auch kam es nicht zu einer signifikanten Abnahme großer Tumoren, die in Folge eines mehr oder weniger engmaschigen Screenings zu erwarten gewesen wäre.
Überdiagnosen durch Mammographie-Screenings?
Nach dieser Studie führen Mammographie-Screenings zwar zu zusätzlichen Diagnosen kleinerer Brustkrebsformen mit einem Durchmesser von weniger als zwei Zentimetern. Doch auf die Überlebensrate scheint sich das nicht oder kaum auszuwirken. Nach Meinung der Forscher sind die Ergebnisse nur durch sogenannte Überdiagnosen von kleinen Tumoren, die niemals klinisch auffällig geworden wären, zu erklären.
Dennoch stellen die Autoren den grundsätzlichen Nutzen der Mammographie nicht in Frage. Da es sich bei der vorliegenden Analyse nur um eine sogenannte ökologische Studie handelt, hat sie keine direkte Beweiskraft. Ökologische Studien sind epidemiologische Studien, die versuchen, das Auftreten von Krankheiten auf der Ebene von Regionen und Bevölkerungsgruppen in Beziehung zu setzen, nicht aber auf der Stufe einzelner Individuen zu untersuchen. Sie können daher ohne weitere Daten keine Kausalitäten beweisen und sind anfällig für Fehlinterpretationen und Verzerrungen. Den tatsächlichen Zusammenhang zwischen Mammographie-Screenings und Brustkrebssterblichkeit könnte nur eine kostenintensive randomisierte prospektive Studie klären, die jedoch derzeit nicht geplant ist.
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