Neue Planung hilft nicht gegen Ärztemangel auf dem Land
„Im Wesentlichen verfehlt das Landärztegesetz sein Ziel“, sagte Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung bei der Vorstellung der Studie am heutigen Donnerstag. Das Gesetz erreiche noch nicht einmal in jedem zweiten Landkreis eine bedarfsgerechte Verteilung der Arztsitze. Mit Verbesserungen rechnet die Bertelsmann Stiftung allenfalls bei der hausärztlichen Versorgung in strukturschwachen Regionen. Sie warnt jedoch vor Rückschritten bei der Verteilung von Ärzten anderer Fachgruppen.
Das Berliner Forschungsinstitut IGES hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die aktuelle und geplante Verteilung von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenärzten auf regionaler Ebene untersucht. Zudem hat es eigene Berechnungen zum relativen Versorgungsbedarf dieser Regionen angestellt. Anders als die Bedarfsplanung bezieht der relative Versorgungsbedarf sozioökonomische und morbiditätsbezogene Faktoren ein. Der Faktencheck Gesundheit zeigt, wie sich die Versorgungslage durch die neue Planung ändert und ob die Planung dem relativen Bedarf entspricht.
Mit der Bedarfsplanung berechnen die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen, wieviele Ärzte in einem bestimmten Gebiet benötigt werden. Dazu wird die Einwohnerzahl des Gebietes betrachtet und gemäß Versorgungsstrukturgesetz (VStG) auch das Alter der Bevölkerung. Infolge des VStG wurden die Planungsbezirke neu zugeschnitten. Einige fallen nun kleiner aus als zuvor, andere größer.
Ärzteverteilung: "Ost-West-Unterschiede verschärft"
Bei den Kinderärzten drohe sich die aktuelle Schieflage auszuweiten. Die Änderungen führen laut Bertelsmann Stiftung dazu, dass künftig nur noch in 89 statt in 106 Kreisen die Dichte von Kinderärzten angemessen ist. Zu wenig Kinderärzte gibt es dann laut Studie in 38 statt bisher 14 Kreisen und zu viele in 23 statt 15 Kreisen. Hinzu kommt: Nur in einem Viertel der Kreise entspricht die Planung dem vom IGES errechneten relativen Bedarf.
Zugleich verschärfen die neuen Bedarfspläne die Unterschiede zwischen Ost und West. Schon jetzt ist der Osten deutlich schlechter versorgt als die westlichen Länder. Das zeigt sich zum Beispiel bei den Frauenärzten. Nach der neuen Planung fehlen in zwei Drittel der Planungsgebiete in Thüringen Gynäkologen, während es in den vielen Kreisen Baden-Württembergs zu viele gibt.
Bei der Hausärzteverteilung stellt die Studie zwar Verbesserungen fest. Dennoch würden mehr als die Hälfte der Landkreise unangemessen versorgt bleiben. Zudem stehe die Verbesserung bei den Landärzten vorerst nur auf dem Papier. „Wenn sie Realität werden soll, muss der Job des Landarztes für Nachwuchsmediziner attraktiver werden“, forderte Etgeton. Damit schließt er sich den Forderungen der Gesundheitsweisen in ihrem aktuellen Gutachten an.
Versorgung mit Fachärzten: "Stadt-Land-Gefälle zementiert"
„Die neue Planung zementiert regionale Unterschiede in der Versorgung mit Fachärzten", sagte Etgeton. Die Bertelsmann Stiftung kritisiert zudem, dass die Bedarfsplanung zu viele Faktoren ausblende, die den Versorgungsbedarf einer Region beeinflussen. Dazu zählt sie Alterungsentwicklung, Einkommen, Arbeitslosenquote oder Pflegebedürftigkeit.
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