Neue Leitlinie "personalisiert" Diabetes Behandlung
Im April 2012 haben die Amerikanische (ADA) und die Europäische Diabetesgesellschaft (EASD) eine neue gemeinsame Leitlinie zur Behandlung des Typ-2-Diabetes veröffentlicht (1). Die Leitlinie macht deutlich weniger genaue Vorschriften und Empfehlungen zu den Therapiezielen und Medikamenten in Form von Algorhythmen. Der Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) Professor Dr. Dr. Helmut Schatz bezeichnete die neue Leitlinie als Paradigmenwechsel. Im Unterschied zur bisherigen Leitlinie der beiden Gesellschaften und auch zu vielen anderen Leitlinien von Fachgesellschaften rücke die neue Leitlinie erstmals den individuellen Patienten in den Mittelpunkt.
Langzeit-Blutzucker HbA1c ist kein starrer Wert mehr
Den "Langzeit-Blutzucker" HbA1c, legt die neue Leitlinie nicht mehr mit einer starren Zahl, zum Beispiel 6,5 Prozent oder 7 Prozent, fest. Stattdessen soll es für jeden einzelnen Patienten individuell bestimmt werden: Ein älterer Mensch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwa und lange bestehendem Diabetes wird weniger streng einzustellen sein als ein junger Diabetespatient. Als erste Therapiemassnahme nach der Diagnose eines Typ-2-Diabetes empfiehlt die Leitlinie erneut allein Lebensstiländerungen wie Ernährungsumstellung und Bewegung, verbunden mit intensiver Schulung. Eine sofortige Gabe von Tabletten sieht sie dagegen nicht vor. Erst wenn sich die "nicht-pharmakologische" Therapie als unwirksam erweise, seien Tabletten indiziert. Hier stehe an erster Stelle nach wie vor möglichst Metformin, sagte Professor Schatz.
Tabletten oder Insulin erst im zweiten Schritt
Für die Kombinationstherapien gibt es bei der Behandlung vom Typ-2-Diabetes kaum "Outcome-Studien", also Langzeituntersuchungen. Aber nur diese könnten etwas darüber aussagen, unter welcher Arzneimittel-Kombination etwa weniger Herzinfarkte auftreten oder der Patient länger lebt. Die Leitlinie empfiehlt deshalb, die Wahl des zweiten Medikaments entsprechend den individuellen Merkmalen des Patienten zu treffen - etwa seinem Gewicht - und dies gemeinsam mit ihm festzulegen. Dies kann ein zweites Präparat in Tablettenform sein, aber auch die Injektion der neueren "GLP-1-Analoga" oder Insulin. Wolle ein Patient keine Injektionen, sollte der Arzt davon möglichst absehen. "Freilich wird nach längerer Krankheitsdauer Insulin unumgänglich sein", fügt Professor Schatz hinzu.
1) ADA/EASD Issue New Hyperglycemia Management Guidelines:Diabetes Care, Published online April 19, 2012Diabetologia, Published online April 19, 2012-04-22
Foto: Boehringer Ingelheim