Neue Krebs-Diagnostik: Laser spürt Tumorreste auf

Schnelle operationsbegleitende Krebsdiagnostik aus Jena: Ein Laser und Künstliche Intelligenz ermitteln Tumorzellen im umliegenden Gewebe
Das Ziel einer Krebsoperation ist es, den Tumor komplett zu entfernen. Ob dem Operateur tatsächlich die sogenannte R0-Resektion gelungen ist, wird in der Pathologie überprüft. Bis zum abschließenden Befund können durchaus vier Wochen vergehen. Wurden Tumorreste bei der OP übersehen, kann der Krebs in dieser Zeit weiter wachsen. So werden derzeit etwa bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich nach knapp jeder zehnten Operation nachträglich Krebszellen aufgefunden – was eine weitere Operation für den Patienten bedeutet.
Intraoperative Schnelldiagnostik
Forscher vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) aus Jena haben nun eine Methode vorgestellt, mit dem sich schon während der Operation eventuell verbleibende Tumorreste feststellen lassen. Dabei handelt es sich um ein Mikroskop, das mit Laserlicht Krebszellen aufspürt. „Die optische Schnelldiagnostik kann dem Operationsteam in Echtzeit Informationen liefern, um Tumore und Tumorränder sicher zu identifizieren und zu entscheiden, wie viel Gewebe weggeschnitten werden muss“, erklärt Professor Jürgen Popp, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT, der den Laser-Schnelltest mit erforschte. Dadurch können vermieden werden, dass sich ohnehin geschwächte Patienten erneut einer erneuten Operation unterziehen müssten. „So trägt es maßgeblich zu dazu bei, ihre Heilungschancen zu verbessern.“
Künstliche Intelligenz unterstützt OP-Team
Das kompakte Mikroskop kombiniert drei Bildgebungstechniken und erzeugt anhand von Gewebeproben während der Operation räumlich hoch aufgelöste Bilder der Gewebestruktur. Eine Software macht Muster und molekulare Details sichtbar, verarbeitet werden sie mithilfe von künstlicher Intelligenz.
Die automatisierte Analyse sei schneller und verspreche ein verlässlicheres Ergebnis als die derzeit übliche Schnellschnitt-Diagnostik, die nur von einem erfahrenen Pathologen ausgewertet werden könne und immer noch nachträglich abgesichert werden müsse, schreiben die Jenaer Forscher in einer Medienmitteilung. In fünf Jahren könnte das kompakte Mikroskop in der Klinik stehen, heißt es dort weiter.
Zwar bedeutet neue Technik auch immer mehr Kosten. Doch unterm Strich könnte das deutsche Gesundheitssystem damit erhebliche Kosten einsparen. "Eine Minute im Operationssaal ist die teuerste Minute im gesamten Klinikbetrieb", erläutert Professor Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena.
Laser soll künftig auch operieren
Derzeit forschen die Jenaer Forscher an einer Lösung, die das Skalpell gleich ersetzen könnte. „Unsere Vision ist es, Licht zu nutzen, um den Tumor nicht nur zu identifizieren, sondern ihn gleich zu entfernen“, sagt Jürgen Popp. Dann müssen Mediziner gar nicht mehr mit einem Skalpell schneiden, sondern wären in der Lage, den Tumor lichtbasiert Schicht für Schicht abzutragen, um den Patienten komplett tumorfrei zu bekommen. In zehn bis fünfzehn Jahren will das Forscherteam eine Lösung präsentieren.
Foto: IPHT