Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Neue Erkenntnisse zu Schilddrüsenunterfunktion in der Schwangerschaft

Mittwoch, 29. April 2020 – Autor:
Eine Schilddrüsenunterfunktion in der Schwangerschaft kann bleibende geistige Schäden beim Kind hinterlassen. Betroffene Schwangere müssen daher Schilddrüsenhormone einnehmen. Neue Studien zeigen jedoch, dass dies bei TSH-Werten zwischen 2,5 und 4,0 noch nicht nötig ist.
Schwangere mit TSH zwischen 2,5 und 4,0 mU/l müssen keine Schilddrüsenhormone einnehmen, sofern die Schilddrüse gesund ist, sagen neue Studien

Schwangere mit TSH zwischen 2,5 und 4,0 mU/l müssen keine Schilddrüsenhormone einnehmen, sofern die Schilddrüse gesund ist, sagen neue Studien

Eine Schwangerschaft ist ein „Stresstest“ für die Schilddrüse. Die Produktion des Schilddrüsenhormons Thyroxin (TSH) steigt um etwa 50 Prozent, der Jodbedarf wächst, das Schilddrüsenvolumen nimmt zu. Schwangere laufen daher Gefahr, Schilddrüsenfunktionsstörungen zu entwickeln.

Besonders häufig können Schilddrüsenunterfunktionen auftreten, sogenannte Hypothyreosen, die auch durch die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis verursacht werden kann. Da eine Schilddrüsenunterfunktion zu schweren geistigen und körperlichen Schäden des Fötus  und zu Schwangerschaftskomplikationen wie Fehl- oder Frühgeburten führen kann, müssen die werdenden Mütter Schilddrüsenhormone einnehmen. Das Mittel der Wahl ist Levothyroxin.

Leichte Unterfunktion schwer von Hashimoto-Thyreoiditis abgrenzbar

Ab welchem TSH-Wert die Behandlung eingeleitet werden muss, war bislang jedoch nicht so eindeutig. Denn die Unterscheidung zwischen einer Hashimoto-Thyreoiditis im frühen Stadium und einer normalen Schilddrüse mit einem TSH-Wert im oberen Normbereich ist nicht immer ganz einfach.

Bislang werden TSH-Werte zwischen 2,5 und 4,0 Milli-Einheiten pro Liter (mU/l) bei Schwangeren als eine leichte Unterfunktion der mütterlichen Schilddrüse interpretiert.

Aus Angst vor einer möglichen Intelligenzminderung des ungeborenen Kindes werden die betroffen Frauen dann sehr frühzeitig mit Schilddrüsenhormon-Tabletten behandelt.

Studien sorgen für Klarheit

Diese Sorge ist unberechtigt, stellt der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) jetzt anhand aktueller Studien fest. „TSH-Werte in diesem Bereich haben weder einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft noch auf die geistige Entwicklung des Kindes“, sagt BDN-Experte Professor Dr. med. Matthias Schmidt, Nuklearmediziner der Universität Köln. „Schilddrüsenhormon-Tabletten sind nicht nötig, sofern die Schilddrüse gesund ist.“

TSH-Wert im oberen Normbereich nicht behandlungsbedürftig

Neue große internationale Studien zeigen, dass bei gesunden Schwangeren mit TSH-Werten von 2,5 bis 4,0 mU/l weder Fehlgeburten noch kindliche Fehlbildungen zunehmen oder Einbußen bei den kognitiven Fähigkeiten des Ungeborenen zu befürchten sind.

„Bei solchen Werten ist eine Therapie mit Levothyroxin also nicht erforderlich, sofern die Schilddrüse der Mutter gesund ist“, betont Professor Karin Frank-Raue von der Endokrinologisch-Nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis in Heidelberg. Dies gelte in gleicher Weise für künstliche Befruchtungen. „Diese Erkenntnis ist eine wichtige Entwarnung und dürfte für Erleichterung bei Schwangeren sorgen“, betont die Schilddrüsenspezialistin. „Sie müssen nicht fürchten, dass ihr Kind bei im oberen Normbereich liegenden TSH-Werten geistige Einbußen erleiden könnte.“

Damit vollziehe sich ein Umdenken in der Medizin, das bei werdenden Eltern für Erleichterung sorgen dürfte.

Foto: © Adobe Stock/Antinioguillem

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Schwangerschaft , Schilddrüse

Weitere Nachrichten zum Thema Schilddrüse

24.04.2016, aktualisiert: 23.01.2020

Allerweltsymptome wie Müdigkeit, Gewichtszunahme oder Verstopfung können Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion sein. Auch Kinder können daran leiden. Der Mangel an Schilddrüsenhormonen kann zu bleibenden Schäden am Herzen oder zu Halluzinationen führen und gehört deshalb unbedingt behandelt.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Rund 13.000 Kinder kommen jährlich mit alkoholbedingten Gesundheitsschäden zur Welt. Oft sind ihre Gesichtszüge anders, ihre Gehirnleistung kann lebenslang eingeschränkt sein. Experten raten deshalb glasklar: null Promille während der Schwangerschaft.
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin