Neue Erkenntnisse zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wissenschaftler haben eine Ursache für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen gefunden
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Allein in Deutschland sind etwa 400.000 Menschen davon betroffen. Doch eine spezifisch wirkende Therapie gibt es nicht. Bisherige Therapieoptionen bei CED unterdrücken unspezifisch Entzündungsaktivitäten und haben nicht zu vernachlässigende Nebenwirkungen, wie etwa ein erhöhtes Infektionsrisiko. Denn bislang ist nicht genau bekannt, welche Signalwege die Entzündungsaktivitäten in der Darmschleimhaut auslösen und welche sie dauerhaft aufrechterhalten.
Interleukin 22 wird von Gegenspieler ausgebremst
Einen solchen ursächlichen Signalweg scheinen nun Hamburger Forscher zusammen mit US-Kollegen von der Yale Universität gefunden zu haben. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“ berichten, liegt bei CED-Patienten eine Fehlregulation der so genannten IL-22-IL-22BP-Achse vor. Bei dieser Achse geht es um das Interleukin 22 (IL22), das essentiell für die Heilung der angegriffenen Schleimhäute ist, und seinen Gegenspieler, das Interleukin 22 Bindeprotein (IL-22BP). Letzteres wird gleich zu Beginn der Entzündung von CD4+ Immunzellen im Übermaß produziert, so dass das das Interleukin 22 und seine heilsame Wirkung praktisch ausgebremst wird. „Das IL-22 wird gebunden und damit außer Gefecht gesetzt, die Wundheilung kann nicht einsetzen, die Krankheit wird chronisch“, erklärt Studienleiter Prof. Samuel Huber vom Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).
Könnte weitere chronische Entzündungsprozesse erklären
Laut Huber könnte die Entdeckung ein neuer Ansatzpunkt für eine effiziente Therapie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sein. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Substanzen, die das Bindeprotein direkt blockieren, den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen könnten“, so Huber.
Darüber hinaus hoffen die Forscher, durch die Fehlregulation der IL-22-IL-22BP-Achse, auch andere chronische entzündliche Prozesse erklären zu können. „Diese neuen Erkenntnisse werden die Erforschung anderer Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen entscheidend voranbringen“, meint Prof. Ansgar W. Lohse, Sprecher des Sonderforschungsbereichs B 841, der maßgeblich an der Studie beteiligt war.
Der Originaltitel der Arbeit lautet “A pathogenic role for T-cell derived IL-22BP in inflammatory bowel”, erschienen in der aktuelle Ausgabe von„Science“.
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