Neue Erkenntnisse über Ursachen der Multiplen Sklerose

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Nach den Ursachen der Multiplen Sklerose wird nach wie vor geforscht. Wissenschaftler der Universität Zürich und des LMU Klinikums München haben das Immunsystem von eineiigen Zwillingspaaren untersucht, um den Einfluss von Umwelteinflüssen und Genetik auf die Multiple Sklerose aufzuschlüsseln. Dabei machten sie eine Entdeckung.
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie ist die häufigste Ursache für neurologische Beeinträchtigungen bei jungen Erwachsenen. Bei der MS attackiert das eigene Immunsystem das Gehirn und Rückenmark. Hierdurch kommt es zu meist fortschreitenden neurologischen Funktionsstörungen wie Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, motorischen Ausfällen sowie kognitiven Einschränkungen.
61 Zwillingspaare untersucht, von denen ein Zwilling an MS leidet
Studien der letzten Jahre zeigten, dass genetische Risikovarianten unabdingbar mit der Entstehung der MS verknüpft sind. "Durch unsere Studie konnten wir zeigen, dass ungefähr die Hälfte der Komposition unseres Immunsystems durch die Genetik bestimmt wird", sagt Dr. Florian Ingelfinger, Doktorand am Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich.
Im Rahmen der Studie wurden 61 eineiige - also genetisch identische - Zwillingspaare untersucht, von denen jeweils ein Zwilling an MS leidet und der andere Zwilling gesund ist. "Obwohl auch die gesunden Zwillinge ein maximales familiäres Risiko für das Auftreten einer MS tragen, gab es bei ihnen keine klinischen Anzeichen für eine MS", sagt Dr. Lisa Ann Gerdes, Neuroimmunologin am Institut für Klinische Neuroimmunologie des LMU Klinikums und Leiterin der MS Twin Study.
Bestimmtes Immunprofil führt zur Aktivierung von T-Zellen
Zentrale Frage der Forscher : "Wie kann das Immunsystem von zwei genetisch identischen Individuen in nur einem Fall zu dieser deutlichen Entzündungsreaktion und massiven Nervenschäden führen, während es beim anderen Zwilling zu keinerlei Schäden kommt", erläutert Prof. Becher vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich.
Beim Vergleich der Immunprofile der Zwillingspaare fanden die Forscher die grössten Unterschiede in sogenannten Zytokin-Rezeptoren, also in der Art und Weise, wie Immunzellen untereinander kommunizieren. Eine erhöhte Empfindlichkeit für bestimmte Zytokine führt zu einer stärkeren Aktivierung von T-Zellen im Blut von Patienten mit Multipler Sklerose. Diese sind besonders fähig, in das zentrale Nervensystem der Patienten einzuwandern und dort Schäden zu verursachen.
Neue Erkenntnisse über Ursachen der Multiplen Sklerose
Die identifizierten Zellen wiesen Merkmale von erst kürzlich aktivierten Zellen auf, welche sich in einer Entwicklung zu voll funktionsfähigen T-Zellen befanden. "Möglicherweise haben wir hier den zellulären Urknall der MS entdeckt – Vorläuferzellen, aus denen krankheitsverursachende T-Zellen entstehen", erklärt Prof. Becher in einer Pressemitteilung. Die Untersuchung, die neue Erkenntnisse über die Ursachen der Multiplen Sklerose liefert, erschien im Fachmagazin Nature.