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Neue Diskussion um vermeintlich unnötige Operationen

Freitag, 11. Juli 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
In fünf Jahren ist die Zahl der Patienten, die in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt wurden, um 8,4 Prozent 18,6 Millionen gestiegen. Kritiker vermuten, dass etliche Behandlungen medizinisch unnötig wären und nur erbracht werden, damit die klammen Kliniken Geld verdienen. Ein Gutachten nimmt jetzt die Mengenentwicklung in den deutschen Krankenhäusern unter die Lupe.
Kliniken Operationen Eingriffe Menge

Leere Flure sind in deutschen Krankenhäusern undenkbar - die Patientenzahlen wachsen stetig. – Foto: Erwin Wodicka

Das Gutachten haben Gesundheitsökonomen aus Berlin und Hamburg im Auftrag des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) erstellt. Veranlasst hatte es der frühere Gesundheitsminister Daniel Bahr. Das Gutachten wurde in Politikerkreisen mit Spannung erwartet. Es soll Gründe für den stetigen Zuwachs von Krankenhausbehandlungen untersuchen und zeigen, wie Fehlentwicklungen entgegengesteuert werden kann. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine Krankenhausreform soll es in ihre Arbeit einbeziehen.

Kurze Krankenhausaufenthalte nehmen stark zu

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem Krankheiten des Kreislaufsystems und Muskel-Skelett-Erkrankungen stark zugenommen haben. Diese beiden Erkrankungskomplexe machen die Gutachter für fast die Hälfte des Fallzahlzuwachses zwischen 2007 und 2012 verantwortlich.

Große Fallzahlsteigerungen beobachten sie auch bei einigen medizinischen Eingriffen mit eher planbarem Charakter. Als Beispiel nennt das Gutachten die Spondylose. Dabei handelt es sich um einen Eingriff am Rückgrat, der im Vergütungssystem der Krankenhäuser hoch bewertet ist. Gruppen mit medizinisch eher akutem Charakter wie zum Beispiel der akute Herzinfarkt zeigen dagegen dem Gutachten zufolge eher geringe Fallzahlsteigerungen.

Allerdings steigt die Zahl der Patienten mit charakteristischen Notfall-Diagnosen mit 1,9 Prozent Plus pro Jahr stärker als die Zahl der Patienten mit typischen Diagnosen für planbare Eingriffe (+1,3%). Das Gutachten stellt hier eine Besonderheit bei Universitätskliniken fest. Bei ihnen haben die charakteristischen Notfall-Diagnosen mit 4,1 Prozent Zuwachs pro Jahr überdurchschnittlich stark zugenommen.

Insgesamt zurückgegangen sind Behandlungen, bei denen die Patienten länger als sechs Tage im Krankenhaus liegen. Am stärksten zugenommen haben dagegen Behandlungen, für die Patienten nur einen Tag im Krankenhaus bleiben (+27%).

Streit um die Interpretation des Gutachtens

Der GKV-Spitzenverband sich durch das Gutachten in seiner Vermutung bestätigt, dass Krankenhäuser vor allem solche Eingriffe vornehmen würden, die sich finanziell lohnen. Der Kassenverband begrüßte die Forderung der Gutachter nach mehr Qualitätssicherung, die mit finanziellen Anreizen verknüpft sein sollte.

Dagegen betrachtet die DKG durch das Gutachten ihre Auffassung als bestätigt, dass Krankheitslast, Sterblichkeit und die demografische Entwicklung die Leistungsentwicklung bestimmen würden. Sie fordert ein Ende der Diskussionen über vermeintlich unnötige Leistungen im Krankenhaus.

Foto: Gina Sanders - fotolia.com

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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