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Neue Borreliose-Leitlinie darf veröffentlicht werden

Samstag, 24. März 2018 – Autor:
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) darf ihre medizinische Leitlinie Neuroborreliose veröffentlichen. So urteilte das Landgericht Berlin. Vorangegangen war ein juristischer Streit mit zwei Borreliose-Organsationen.
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Die Zecke kann Borreliose-Erreger übertragen – Foto: ©shishiga - stock.adobe.com

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) darf ihre S-3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung der Neuroborreliose veröffentlichen. So urteilte das Landgericht Berlin. Vorangegangen war ein juristischer Streit mit zwei Organisationen, die durch eine Einstweilige Verfügung die Publikation gestoppt hatten.

Es handelt sich um die Deutsche Borreliose-Gesellschaft, nach eigenen Angaben ein Verbund von Ärzten und Wissenschaftlern, und die Patientenorganisation Borreliose und FSME Bund Deutschland. Sie verfassten eigene Berichte, die in den Leitlinien als Dissenz-Voten Platz finden sollten.

Bei Lyme-Borreliose kann Nervensystem befallen sein

Lyme-Borreliose ist die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit in Europa. In Deutschland infizieren sich jährlich zwischen 60.000 und 200.000 Menschen mit dem bakteriellen Erreger. In der Hälfte der Fälle bildet sich an der Einstichstelle die typische Wanderröte. Die Borrelien können sich aber auch zunächst unbemerkt im Körper ausbreiten. In 3 bis 15 Prozent der Fälle befallen sie dann das Nervensystem.

Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie der akuten Neuroborreliose besteht weitgehende Einigkeit zwischen den wissenschaftlichen Fachgesellschaften und den beiden Organisationen. Bei der späten Neuroborreliose, die die Borreliose-Verbände auf eine Langzeitinfektion zurückführen, gehen die Meinungen auseinander.

Streit um Spätmanifestation der Lyme-Borreliose

Zu den Symptomen einer Spätmanifestation beziehungsweise chronischen Lyme-Borreliose zählt die Borreliose-Gesellschaft Fatigue, Hirnleistungsstörungen, Muskel- und Skelettbeschwerden, Polyneuropathie, Magen-Darm-Beschwerden, urogenitale Symptome, Augensymptome, Hautsymptome und Herzerkrankungen.

Die Leitlinien-Autoren hingegen halten die These, dass derlei diffuse Beschwerden Jahre nach einem  Zeckenstich auf eine chronische Borreliose zurückgeführt werden könnten, für nicht tragfähig. Solch eine latente Langzeitinfektion sei nicht durch Studien belegt und basiere einzig auf der "nachhaltigen Öffentlichkeitsarbeit" der beiden Verbände, monieren die Mediziner.

Neue Borreliose-Leitlinie darf veröffentlicht werden

Von einer Antibiotika-Langzeittherapie raten die Wissenschaftler ab. "Für eine Langzeitbehandlung der Neuroborreliose mit Antibiotika über mehr als drei Wochen, wie sie von manchen Ärzten durchgeführt wird, gibt es keine wissenschaftliche Grundlage. Sie birgt aber ein großes Risiko für Nebenwirkungen", sagt Prof. Sebastian Rauer, einer der beiden Koordinatoren der neuen Borreliose-Leitlinie, die jetzt veröffentlicht werden darf.

Über drei Jahre lang hatten 25 Organisationen, darunter das Robert Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut, an der Borreliose-Leitlinie gearbeitet. Die soll aktuelle und wissenschaftlich fundierte Empfehlungen zu Diagnostik und Behandlung der durch einen Zeckenstich ausgelösten Erkrankung des Nervensystemsstems geben.

Borreliose-Bund hält an seiner Darstellung fest

"Dieser Versuch, nach wissenschaftlichen Kriterien nicht haltbare Ansichten und damit für Patienten mitunter gefährliche Therapieformen per Jurisdiktion durchzusetzen, ist unserer Kenntnis nach ein einmaliger Vorgang", urteilte Prof. Rauer. DGN-Präsident Prof. Gereon R. Fink, schloss sich an: "Mit dem Urteil ist klargestellt ist: Leitlinien werden nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt und nicht nach spezifischen Interessen Einzelner."

Doch auch der Borreliose und FSME Bund Deutschland rückt nicht von seiner Darstellung ab. "Wenn Wochen, Monate, manchmal Jahre danach unerklärliche Symptome auftreten, denkt niemand mehr an den Zeckenstich. So beginnen viele Borreliose-Schicksale", heißt es auf der Homepage. Und weiter: "Wir müssen uns auch um die kümmern, denen der Arzt nicht glaubt, die als psychisch krank stigmatisiert werden, die ihren Job verlieren, ihre Freunde, oft auch den Lebenspartner" - alles durch eine nicht erkannte Spätmanifestation der Lyme-Borreliose.

Foto: shishiga/fotolia.com

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