Neck-Dissection von Kopf-Hals-Tumoren oft nicht notwendig
Kopf-Hals-Tumore treten in der Schleimhaut von Mundhöhle, Rachen oder Kehlkopf auf und machen rund fünf Prozent aller Krebserkrankungen aus. Häufig sind bei der Diagnose schon die benachbarten Lymphknoten mit Metastasen befallen. Eine chirurgische Entfernung aller Lymphknoten einschließlich der umgebenden Weichteile am Hals scheint dann unausweichlich. Doch die sogenannte Neck-Dissection ist ein großer Eingriff, der durch Nervenverletzungen zu Komplikationen führen kann. Zudem hinterlässt die Operation oft deutlich sichtbare Effekte im Halsbereich.
In der Fachwelt wird deshalb schon seit längerem nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten gesucht. Bestrahlungen und Chemotherapie können zwar die Metastasen in den Lymphdrüsen zerstören. Ob der Patient anschließend frei von Krebszellen ist, ließ sich jedoch bisher nicht ohne pathologischen Befund nachweisen.
Chemo und Bestrahlung gleichauf mit Operation
Eine Studie aus Großbritannien zeigt nun, dass die notwendige Therapiekontrolle auch mit dem PET/CT möglich ist. Das kombinierte Bildgebungsverfahren aus Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Computertomographie (CT) macht Krebszellen mit Hilfe eines nuklearen Tracers sichtbar. Und zwar auch solche, die sich im Kopf-Hals-Bereich befinden, wie die britische Studie nahelegt. Dadurch konnte bei vier von fünf Patienten eine Operation (Neck-Dissection) durch Chemotherapie und Bestrahlung ersetzt werden – offenbar ohne nachteilige Folgen. Die Überlebensrate nach zwei Jahren war mit 85 Prozent gegenüber 82 Prozent sogar etwas höher als unter dem derzeitigen Therapiestandard.
„Der Unterschied war zwar statistisch nicht signifikant, die Ergebnisse belegen jedoch zweifelsfrei, dass die PET/CT-Strategie gleich gute Ergebnisse liefert wie eine Operation aller Patienten“, erläutert Professor Dr. med. Matthias Schmidt von der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Köln.
In der Studie wurden insgesamt 564 Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und einem Befall der Lymphknoten nach dem Losverfahren in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt eine Neck-Dissection, sofern es der Gesundheitszustand erlaubte und die Studienteilnehmer mit der Operation einverstanden waren. Die andere Gruppe wurde stattdessen mit Chemo- und Strahlentherapie behandelt. Zwölf Wochen nach Abschluss der Therapie wurden die nicht operierten Patienten mit einem PET/CT untersucht. Dabei zeigte sich, dass 81 Prozent frei von Metastasen waren und nur 19 Prozent operiert werden mussten. In der ersten Gruppe wurde hingegen bei 78 Prozent eine Neck-Dissection durchgeführt, so wie es bei fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren derzeit üblich ist.
Vorgehen senkt Behandlungskosten
Nach Ansicht des Berufsverbands Deutscher Nuklearmediziner (BDN) setzt die Studie neue Standards in der Therapie von Kopf-Hals-Tumoren. Durch die nuklearmedizinische Untersuchung könne vielfach eine Operation am Hals vermieden werden, meint BDN-Mitglied Matthias Schmidt. „Dabei erspart die PET/CT-Strategie den Patienten nicht nur unnötige medizinische Komplikationen, sondern auch unvorteilhafte kosmetische Folgen durch die Neck-Dissection“, so Schmidt. Und preiswerter sei das Vorgehen obendrein. So rechneten die Studienautoren vor, dass die Einsparungen pro Patient 1.492 Pfund (entspricht etwa 1.850 Euro) betragen habe. „Wenn auf vier von fünf Operationen verzichtet werden kann, werden die Behandlungskosten insgesamt gesenkt, das könnte durchaus attraktiv für die Krankenkassen sein.“
Die Studie mit dem Originaltitel „PET-CT Surveillance versus Neck Dissection in Advanced Head and Neck Cancer” wurde in der April-Ausgabe des New England Journal of Medicine veröffentlicht.
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