Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
 

Nebenschilddrüsenmedikament A10 / Tachystin vom Markt genommen

Freitag, 30. Juli 2021 – Autor:
Viele Patienten mit einer Unterfunktion der Nebenschilddrüsen müssen ihre Medikation umstellen. Das Standardmedikament AT10® oder Tachystin® ist seit Juli nicht mehr erhältlich. Die Umstellung auf alternative Präparate sollte jetzt erfolgen, raten Ärzte.
Da A10®/Tachystin® seit Juli nicht mehr erhältlich ist, müssen Patienten mit einer Unterfunktion der Nebenschilddrüsen auf andere Medikamente umgestellt werden

Da A10®/Tachystin® seit Juli nicht mehr erhältlich ist, müssen Patienten mit einer Unterfunktion der Nebenschilddrüsen auf andere Medikamente umgestellt werden – Foto: © Adobe Stock/ I Viewfinder

Das Vitamin D-Derivat Dihydrotachysterol mit dem Handelsname AT10® oder Tachystin® ist ein Standardmedikament zur Behandlung einer Unterfunktion der Nebenschilddrüsen, des sogenannten Hypoparathyreoidismus. Im Juli wurde das Präparat allerdings vom Markt genommen. Betroffene Patienten müssen nun auf andere Medikamente umgestellt werden.

Alternative Medikamente haben geringere Halbwertszeit

Eine baugleiche Alternative gibt es laut der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie aber nicht. Mit Calcitriol - 1,25 Vitamin D beziehungsweise Vitamin D3 - sowie Alfacalcidol gebe es zwar Alternativsubstanzen. Deren Wirkdauer sei jedoch deutlich kürzer. „Während Dihydrotachysterol 21 Tage wirksam ist, sind es bei den anderen Medikamenten nur drei bis sieben Tage“, betont Professorin Dr. med. Heide Siggelkow, Ärztliche Leiterin MVZ Endokrinologikum Göttingen. Auch könne die Umstellung bei jedem Betroffenen unterschiedlich verlaufen, erläutert die Expertin.

 

Nach dem Absetzen eine Woche pausieren

Die Enodkrinologin empfiehlt, zunächst Dihydrotachysterol abzusetzen und für eine Woche keine neue Medikation zu geben. Nach Ablauf dieser Woche könne dann auf das entsprechende Ersatz-Präparat gewechselt werden. Messungen von Parathormon, Vitamin D und 1,25 Vitamin D seien in dieser Phase nicht notwendig, sagt sie. Es sollten jedoch in jedem Fall Calcium, Calcium adaptiert für Albumin, Phosphat, Kreatinin und Magnesium überprüft werden. „Eine ausführliche Kontrolle nach Umstellung der Medikation ist dann im weiteren Verlauf erforderlich: Hier sollte dann die Kalziumausscheidung unter der geänderten Medikation überprüft und die entsprechende Medikation gegebenenfalls angepasst werden.“ Die Medikamentendosis müsse individuell für jeden Patienten durch Kontrolle des Kalziumspiegels im Blut ermittelt werden.

Bei Hypoparathyreoidismus ist der Kalziumstoffwechsel gestört

Die häufigste Ursache des Hypoparathyreoidismus ist die versehentliche Schädigung der Nebenschilddrüsen im Zuge einer Schilddrüsenoperation. Außerdem gehören Autoimmunerkrankungen zu den Auslösern der Erkrankung, bei der die Nebenschilddrüsen zu wenig Parathormon (PTH) produzieren, das den Kalziumstoffwechsel im Körper reguliert. Durch die Gabe von Calcium- und Vitamin-D-Präparaten wird der Kalziumspiegel wieder normalisiert. Die dafür häufig eingesetzten Vitamin D-Derivate wie Dihydrotachysterol wirken lange im Körper. Sie eignen sich deshalb für eine stabile Einstellung des Vitamin-D-Spiegels. Bei etwaigen Störungen der Nierenfunktion können sie aber auch eher zu Komplikationen führen. Deswegen sind insbesondere nach einem Medikamentenwechsel engmaschige Kontrollen nötig.

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Arzneimittel , Schilddrüse
 

Weitere Nachrichten zum Thema Vitamin D

Gleich drei Metaanalysen klinischer Studien haben gezeigt, dass eine Vitamin D-Supplementierung mit einer Verringerung der Sterberate an Krebs um etwa 13 Prozent einherging. Wie das DKFZ nun errechnet hat, könnte durch eine regelmäßige Vitamin D-Einnahme aller Deutschen über 50 Jahre möglicherweise bis zu 30.000 Krebstodesfälle pro Jahr vermieden und mehr als 300.000 Lebensjahre gewonnen werden – bei gleichzeitiger Kostenersparnis.

 

Aktuelle Nachrichten

 
Weitere Nachrichten

Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bis Ende 2024 kommen - für alle. Die Daten werden pseudonymisiert ausgewertet. Das ist Teil eines von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Gesetzes. Die Ärzteschaft fordert Konkretisierungen im Detail.

Die Zahl der Krankenhaus-Fälle ist 2022 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent gesunken - noch stärker als 2020 (minus 13 Prozent) und 2021 (minus 14 Prozent). Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
 
Interviews
Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.

Aducanumab ist das erste in den USA zugelassene Medikament, das die Alzheimer typischen Amyloid-Plaques zum Verschwinden bringt. Aber kann der neue monoklonale Antikörper mit dem Handelsnamen Aduhelm auch den Gedächtnisverlust stoppen? Und warum ist die Notfallzulassung in den USA durch die US-Food and Drug Administration (FDA) so umstritten? Darüber hat Gesundheitsstadt Berlin mit dem Neurologen und Alzheimer-Experten Prof. Johannes Levin vom LMU Klinikum München gesprochen.
Logo Gesundheitsstadt Berlin