Nationale Diabetes-Strategie: Fachverbände fordern Bundesregierung zum Handeln auf
Es werde Zeit, die Nationale Diabetes-Strategie endlich anzupacken. Das erklären die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), die Deutsche Diabetes-Hilfe - diabetesDE und der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD). „Bald ist Halbzeit der Legislatur, in Sachen Diabetes-Strategie ist aber nichts passiert“, so Dr. Jens Kröger, Vorstandschef von diabetesDE. Viele andere EU-Länder hätten bereits eine Diabetes-Strategie oder einen Aktionsplan aufgelegt. Deutschland hingegen hinterher.
In einer Reaktion erklärte Sabine Dittmar, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, bei einer Pressekonferenz der DDG in Berlin, sie rechne noch diese Woche mit einer Verabschiedung der NDS. Welche Bestandteile die Strategie genau haben soll, wollte sie allerdings noch nicht bekanntgeben. Eins scheint jedoch klar: Die Nationale Diabetes-Strategie soll keine Aussage zu einer Zuckersteuer enthalten. Viele Experten sehen gerade in einer solchen Steuer ein wichtiges Instrument zur Eindämmung von Diabetes.
Zahl der Diabetesfälle nimmt dramatisch zu
Sieben Millionen Menschen leiden nach Angaben der DDG hierzulande unter Diabetes – und die Zahlen steigen dramatisch. Nach Einschätzung von Experten wird die Zahl der Diabeteserkrankten auf bis zu zwölf Millionen wachsen. Im Koalitionsvertrag 2018 hatten CDU/CSU und SPD daher eine Nationale Diabetes-Strategie beschlossen. Passiert ist bisher jedoch nichts.
Im Frühjahr 2019 hatten DDG, diabetesDE und der VDBD ein Positionspapier vorgelegt, das Politikern auf Bundes- und Landesebene Orientierung bei der Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie bieten soll. „Wir haben die Kernpunkte eines nationalen Rahmenplans definiert. Diese müssen jetzt dringend durch die Politik umgesetzt werden, damit den zunehmenden Erkrankungszahlen wirksam entgegengesteuert werden kann“, sagt Professor Dr. med. Monika Kellerer, Präsidentin der DDG.
Diabetiker erhalten zu selten Schulungen
Dass die Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie drängt, zeige auch eine aktuelle Umfrage von diabetesDE unter mehr als 1500 Menschen mit Diabetes Typ 2. „86 Prozent der Befragten fühlen sich nicht angemessen in der Politik vertreten und 89 Prozent halten die Öffentlichkeit für nicht gut informiert zum Thema Diabetes“, so Kröger.
Zudem berichteten 44 Prozent, dass sie keine Schulung nach ihrer Erstdiagnose erhalten haben. „Letzteres zeigt, dass zur Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie auch die Aufwertung von Gesundheitsfachberufen wie der Diabetesberaterin gehört“, betont Dr. Gottlobe Fabisch, Geschäftsführerin des VDBD. Die rund 4.700 Diabetesberaterinnen, die in den letzten drei Dekaden die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hätten, würden schon heute in manchen Regionen Deutschlands nicht den Bedarf an qualifizierten Diabetesfachkräften decken können.
Beruf der Diabetesberaterin stärken
Diabetesberaterinnen seien eine tragende Säule in der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus, so Fabisch. Zu ihren vielfältigen Aufgaben gehören neben der Schulung unter anderem auch die Umsetzung der ärztlich angeordneten Therapie, patientenzentrierte Beratung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards sowie die Befähigung des Patienten zu einem erfolgreichen Selbstmanagement.
Fabisch fordert daher die Überführung der Weiterbildung zur Diabetesberaterin DDG in einen dreijährigen dualen Ausbildungsberuf auf Basis eines auf Bundesebene geregelten Berufsgesetzes. Dem stimmt Monika Kellerer zu: „Diabetesbehandlung findet immer im Team statt: Ohne qualifizierten ärztlichen und fachberuflichen Nachwuchs wird eine kompetente und integrative diabetologische Versorgung in Krankenhäusern sowie im ambulanten Bereich künftig kaum mehr möglich sein.“
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