Nach der Geburt: Wohlbefinden von Müttern oft dauerhaft eingeschränkt

Nicht alle Mütter genießen ihre Mutterschaft – Foto: ©michaelheim - stock.adobe.com
Viele Frauen wünschen sich sehnlichst ein Baby. Sie glauben, sich erst durch ein Kind vollständig zu fühlen, dass es einfach zu einem erfüllten Leben gehört, ein Kind zu haben, und ihr eigenes Leben dadurch mehr Sinn erhält. Doch nicht selten sieht die Realität ganz anders aus. Einer Studie zufolge verschlechtert sich das mentale Wohlbefinden vieler Frauen nach einer Geburt; etwa ein Drittel der Mütter ist betroffen. Sie berichten von einer „substanziellen Verschlechterung“ in den ersten sieben Jahren der Mutterschaft. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Gründe für anhaltende Unzufriedenheit sind vielfältig
Für die Studie wurden Mütter befragt, wie oft sie sich wegen seelischer Probleme zurückzogen hatten, wie oft sie sich niedergeschlagen oder ausgeglichen fühlten und wie häufig sie voller Energie waren. Fast 30 Prozent berichteten, dass sie sich für viele Jahre nach der Geburt schlechter fühlten als vorher. Diese Effekte gingen über normale Schwankungen von Jahr zu Jahr hinaus, wie DIW-Wissenschaftler Marco Giesselmann erklärte. Auch allein durch das Altern lassen sich die Ergebnisse offenbar nicht erklären: In einer Vergleichsgruppe kinderloser Frauen verschlechterte sich das Wohlbefinden nicht in gleichem Maße.
Die Gründe für die Verschlechterung des Wohlbefindens nach der Geburt können vielfältig sein. So sind es auch heute immer noch die Frauen sind, die den Großteil der Familienarbeit leisten – und nicht selten gleichzeitig arbeiten. Diese Dauerbelastung kann auf Dauer krank machen. Auch die Erwartungshaltung an sich selbst und durch andere kann den Druck erhöhen. Und nicht zuletzt steht die Paarbeziehung nach der Geburt von Kindern vor neuen Herausforderungen.
„Regretting Motherhood“ löste Debatte über Mutterschaft aus
Die Verschlechterung der Stimmung trat bei betroffenen Frauen insbesondere zwischen dem vierten und siebten Jahr nach der Geburt auf. „Wir erklären uns das so, dass das Leitbild der erwerbstätigen Mutter insbesondere in dieser Phase drängend wird und dass es in dieser Phase zu einem Spannungsverhältnis und den gesundheitsbezogenen Beeinträchtigungen kommt“, so Giesselmann.
Veranlasst für die Studie sahen sich die Forscher durch die Debatte über das Thema „Regretting Motherhood“, die im Jahr 2015 angestoßen wurde und auf große Aufmerksamkeit stieß. Ursprünglich war „Regretting Motherhood“ der Titel einer Studie der israelischen Forscherin Orna Donath. Die Autorin bezeichnet mit diesem Begriff die Situation von Frauen, die es bereuten, Mutter geworden zu sein und die Rolle als Mutter negativ erlebten. Ihrer Untersuchung zufolge gaben viele Frauen an, darunter zu leiden, in ihrer Rolle als Mutter gefangen zu sein. Sie erklärten, ihre Kinder zwar zu lieben, doch in ihrer Rolle als Mutter unglücklich zu sein. Die Studie löste vor allem auch in Deutschland eine lebhafte Debatte.
Wochenbettdepressionen können behandelt werden
Die DIW-Forscher konnten die damalige Umfrage nun zum Teil bestätigen. Allerdings betrifft dies längst nicht alle Mütter. Auch sollte die dauerhaft eingeschränkte Lebensfreude nicht mit der sogenannten Wochenbettdepression verwechselt werden. Etwa 10 bis 20 Prozent der Mütter sollen unter solchen postpartalen Krisen leiden – diese vergehen jedoch meist nach einiger Zeit und können zudem gut mit Medikamenten behandelt werden. Die dauerhaften Reuegefühle, von denen jedoch Donath berichtete, sind etwas anderes.
Aus Sicht der DIW-Forscher sollte versucht werden, Mütter nach Möglichkeit zu entlasten. Dazu gehören ihrer Meinung nach Maßnahmen wie etwa der Ausbau der Kinderbetreuung, aber auch eine Abschaffung des Ehegattensplittings.
Betroffene Mütter brauchen Entlastung
Wichtig ist es für betroffene Frauen auch, Entlastung durch Familienmitglieder oder Freunde zu erhalten. Dazu müssen sie aber zu ihren negativen Gefühlen und Ängsten stehen – etwas, das vielen Müttern schwerfällt, weil allgemein erwartet wird, dass sie für ihre Mutterschaft dankbar und glücklich sind. Sollte es zu dauerhaften Erschöpfungszuständen kommen, kann der Hausarzt ein Ansprechpartner sein. Betroffene sollten sich Hilfe suchen, bevor es zu einem Burnout oder sogar einer Depression kommt.
Auch Mutter-Kind-Kuren können helfen und neue Möglichkeiten aufzeigen. Rund 50.000 Mütter und ihre Kinder nehmen jedes Jahr an solchen Kuren in den Kliniken des Müttergenesungswerks teil. Die Kliniken arbeiten mit besonderen mütterspezifischen Konzepten. Der Therapieplan wird individuell festgelegt und bezieht neben der gesundheitlichen Situation auch die persönliche Lebenssituation mit ein. Eine Kurmaßnahme dauert in der Regel drei Wochen. Die Beratungsstellen des Müttergenesungswerks beraten hierzu umfassend.
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