Nach dem Essen Zähne putzen? Nicht immer!

Nach dem Essen Zähne putzen? Vielen rauscht dieser pädagogisch gut gemeinte Satz aus der Schulzeit noch im Ohr – und er ist ja auch nicht falsch. Aber es ist auch nicht verkehrt, ihn einmal kritisch zu hinterfragen. – Foto: AdobeStock/adragan
Seine Zähne gewissenhaft und richtig zu putzen, ist wichtig: für die Mundgesundheit – und für die des Körpers insgesamt. Bakterielle Zahnbeläge (fachsprachlich: Plaque) werden entfernt und die Zähne vor Angriffen durch Mikroorganismen und Säuren geschützt, die durch den Abbau von Speiseresten im Mund entstehen können. Einer Zahnfleischentzündung (Parodontitis) und Zahnfleischschwund (Parodontose) wird auf diese Weise vorgebeugt – bei Erwachsenen die häufigste Ursache für Zahnverlust. Und schließlich wirkt sich eine gesunde Mundflora auch positiv auf die Gesundheit beziehungsweise das Krankheitsgeschehen im ganzen Körper aus: Zahlreiche Studien zeigen, dass eine Parodontitis häufig gemeinsam mit anderen Krankheiten wie Diabetes mellitus und koronarer Herzkrankheit auftritt, und es gibt den begründeten Verdacht, dass Parodontitis-Bakterien diese Krankheiten mitverursachen können.
„Ab dem ersten Milchzahn zweimal täglich Zähne putzen“
„Ab dem ersten Milchzahn sollten Zähne zweimal täglich für mindestens zwei Minuten mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta gründlich geputzt werden – wenn möglich nach dem Essen“, so die Empfehlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Das gilt vor allem dann, wenn man stark zuckerhaltige Speisen und Getränke zu sich genommen hat.
Saure Lebensmittel: Kurzzeit-Angriff auf den Zahnschmelz
„Nach dem Essen“ bedeutet aber nicht automatisch „sofort nach dem Essen“. Der Grund: Bestimmte Nahrungsmittel, die wir essen, greifen den Zahnschmelz an und schwächen diese materielle Schutzschicht der Zähne – vorübergehend nur, aber doch für eine gewisse Zeit. „Zähne putzen direkt nach dem Essen ist keine gute Idee, vor allem dann, wenn Sie säurehaltige Lebensmittel wie Orangen, Zitrusfrüchte, Fruchtsäfte oder Limonaden zu sich genommen haben“, heißt es in einer Verbraucherinformation des E-Zahnbürsten-Herstellers Philips. „Säuren lösen Mineralstoffe aus dem Zahnschmelz heraus und greifen die Zahnhartsubstanz an.“
„Wie: Eine beschichtete Pfanne mit Scheuermittel schrubben"
Was dann im Mund passiert, beschreibt Steven Ghareeb von der US-Akademie für Zahnmedizin mit einem drastischen Bild: „Das ist, wie wenn man eine beschichtete Pfanne mit Scheuermittel schrubbt." Mögliche Folge: Eine Beschädigung der Zahnhartsubstanz wie Zahnerosion, die zu schmerzempfindlichen Zähnen führen könne. „Ist der Zahnschmelz einmal weg, ist er für immer verloren.“
Nach dem Essen eine halbe Stunde warten
Zahnärzte empfehlen deshalb, nach dem Essen mindestens eine halbe Stunde zu warten, ehe man sich die Zähne putzt. So habe der Speichel genug Zeit, sich neu zu bilden, die Säuren zu neutralisieren und dem Zahnschmelz seine Widerstandskraft zurückzugeben. Ratsam ist auch, direkt nach dem Verzehr von sauren Lebensmitteln den Mund kurz mit Wasser auszuspülen – das hilft, die Säureeinwirkung zu stoppen. Manche Experten wie der Schweizer Zahnmedizin-Professor Thomas Attin halten diese Theorie allerdings für nicht mehr aktuell und sehen beim „Eine-halbe-Stunde-Warten“ vielmehr das Risiko, dass man das Zähneputzen am Ende oft ganz vergisst. Damit drohe eine andere Gefahr: Karies, sagte Attin dem Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“.
Mundhygiene: Vor dem Schlafengehen besonders wichtig
Am allerwichtigsten ist eine gründliche Mundhygiene mit Zähneputzen nach dem Essen abends vor dem Schlafengehen: damit nicht Bakterien über Nacht die Zähne angreifen. Aber was ist nach dem Frühstück, wenn man zur Arbeit oder zur Schule muss – und dort gerne mit einem frischen Geschmack im Mund erscheint?
Nach dem Essen Zähne putzen? Nicht beim Frühstück!
„Das Frühstück stellt die einzige Ausnahme dar, was das Zähneputzen nach dem Essen angeht“, sagt der Zahnputz-Ratgeber von Philips. Säurehaltige Nahrungsmittel wie Äpfel der Orangensaft, die für viele zum Frühstück dazugehörten, könnten den Zahnschmelz angreifen. Deshalb wird geraten, entgegen der Grundregel das Zähneputzen nach dem Frühstück tatsächlich ausfallen zu lassen. Experten raten hier zu einer ganz anderen Strategie: nämlich die Zähne vor dem Frühstück zu putzen. Die Mineralstoffe aus der Zahnpasta machten die Zähne widerstandsfähiger gegen einen möglichen Angriff von Säuren.
Alternative am Morgen: Zuckerfreier Zahnpflegekaugummi
Nach dem Frühstück wird empfohlen, einen zuckerfreien Zahnpflegekaugummi zu kauen. Dieser neutralisiert den pH-Wert im Mund und hilft damit, die Zähne vor Erosion zu schützen. Trotzdem geht man dann im Anschluss mit einem Gefühl von gepflegten Zähnen in den Tag.