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Mütterliche Fürsorge stärkt Oxytocin-Entwicklung beim Säugling

Dienstag, 26. Mai 2020 – Autor: anvo
Das mütterliche Verhalten hat offenbar einen direkten Einfluss auf die Entwicklung des Oxytocin-Systems beim Säugling. Eine Studie konnte zeigen, dass eine größere mütterliche Fürsorge mit höheren Spiegeln des „Bindungshormons“ assoziiert ist. Höhere Oxytocin-Spiegel machen wiederum wahrscheinlich emotional stabiler und erleichtern spätere Beziehungen.
Mütterliche Fürsorge, Oxytocin

Die Interaktion zwischen Mutter und Säugling beeinflusst dessen Oxytocinentwicklung – Foto: ©Alena Ozerova - stock.adobe.com

Oxytocin gilt als sogenanntes „Kuschel- oder Bindungshormon“. Es spielt unter anderem beim Geburtsprozess eine wichtige Rolle und stärkt sowohl die Mutter-Kind-Bindung als auch die Beziehung zwischen Partnern. Neueren Untersuchungen zufolge kann es zudem soziale Nähe schaffen, Stress abbauen sowie gegen Depressionen und soziale Phobien helfen. Seine Produktion wird angekurbelt bei Blickkontakt, Empathie oder angenehmen Berührungen.

Wie sich das Verhalten der Mutter auf die Entwicklung des Oxytocin-Systems beim Säugling auswirkt, war Thema einer Studie, die Kathleen Krol und Jessica Connelly von der University of Virginia sowie Tobias Grossmann vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften durchgeführt haben. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein höheres mütterliches Fürsorgeverhalten das Oxytocin-System bei Babys hochreguliert.

Fürsorge entscheidet über epigenetische Entwicklung

Die Forscher beobachteten unter anderem eine Freispiel-Interaktion zwischen Müttern und ihren fünf Monate alten Kindern. „Beim fünf-monatigen Besuch und etwa ein Jahr später, als das Kind 18 Monate alt war, haben wir sowohl bei der Mutter als auch beim Säugling Speichel gesammelt. Um die Variabilität innerhalb des Oxytocin-Systems zu untersuchen, haben wir uns das Oxytocin-Rezeptorgen genauer angeschaut. Der Oxytocin-Rezeptor ist unerlässlich, damit das Hormon Oxytocin seine Wirkung entfalten kann“, erklärt Kathleen Krol, eine der Studienautorinnen.

„Wir fanden heraus, dass die epigenetischen Veränderungen in der DNA der Säuglinge durch die Qualität des mütterlichen Engagements vorhergesagt wurden. Haben sich Mütter in der Spiel-Interaktion mit ihren Kindern besonders eingesetzt und gekümmert, zeigte sich dies ein Jahr später an einer stärkeren Reduktion der DNA-Methylierung des Oxytocin-Rezeptorgens. Ein höheres mütterliches Engagement hat also das Potenzial, das Oxytocin-System bei menschlichen Nachkommen hochzuregulieren.“, so Krol.

Oxytocinrezeptoren beeinflussen emotionale Ausgeglichenheit

„Auf der anderen Seite fanden wir heraus, dass dieser Prozess, in dem das Oxytocin-Rezeptorgen eine entscheidende Rolle spielt, auch das Temperament von Säuglingen widerspiegeln kann, welches uns von den Eltern berichtet wurde. 18 Monate alte Kinder mit höheren Graden der Methylierung und vermutlich herunterregulierten Oxytocin-Rezeptoren waren daher temperamentvoller und weniger ausgeglichen.“

Die Ergebnisse dieser Studie sind ein Beispiel dafür, dass wir nicht nur an unsere Gene gebunden sind, sondern vielmehr das Ergebnis eines Wechselspiels zwischen Genetik und Erfahrungen. Sie zeigen, dass die frühe soziale Interaktion mit unseren Bezugspersonen unsere biologische und psychologische Entwicklung beeinflusst. Ob es dabei Unterschiede zwischen der Fürsorge von Müttern einerseits und Vätern oder anderen Bezugspersonen andererseits gibt, wurde in der Studie nicht untersucht. Auszugehen ist davon jedoch nicht.

Foto: © Adobe Stock/Alena Ozerova

Hauptkategorie: Medizin
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