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Münchner Forscher entwickeln neue Generation von Wundpflaster

Montag, 6. Juni 2022 – Autor:
Wissenschaftler der TU München haben ein intelligentes Biofilm-Pflaster entwickelt, das Wunden schützt, die Wundheilung beschleunigt, Bakterien abweist, Entzündungen hemmt, Wirkstoffe zielgerichtet freisetzt – und sich zuletzt von selbst auflöst.
Innovatives Wundpflaster der TU München.

Mit diesem intelligenten Wundpflaster auf Biofilm-Basis können Wunden auf der Haut, aber auch im Körperinneren versorgt werden (etwa bei Operationen). Nach erfolgter Heilung löst sich das Pflaster von selbst auf. – Foto: TUM/Astrid Eckert

Bei kleineren Schürfwunden auf der Haut leisten konventionelle Pflaster gute Dienste. Schwieriger wird es bei Verletzungen von Weichgewebe wie der Zunge oder sensiblen Oberflächen wie dem Darm. Welches Material hält dort, ohne das Gewebe zu beschädigen oder an angrenzenden Stellen zu haften? Wie lassen sich dort Wunden vor äußeren Einflüssen und Bakterien schützen? Welche Substanz ermöglicht es Zellen, sich darunter zu regenerieren, und baut sich anschließend rückstandsfrei ab?

Ein Team von Wissenschaftlern am „Munich Institute of Biomedical Engineering“ der Technischen Universität München (TUM)  hat einen Film zur Wundheilung entwickelt, der im Vergleich zu ähnlichen Entwicklungen besonders vielfältige Eigenschaften vereint. Das neuartige Pflaster aus Biomolekülen lieferte in der kürzlich veröffentlichten Studie bereits vielversprechende Ergebnisse und wird noch weiter getestet und entwickelt.

Ein Multifunktionspflaster für sensible Oberflächen

„Der dünne, flexible Film kann im trockenen Zustand mit der Pinzette angehoben und auf der Wunde platziert werden. Bei Kontakt mit feuchtem Gewebe wird die Unterseite gelartig und klebrig. So haftet der Film von selbst, ohne zusätzliche Fixierung, am Gewebe“, sagt Ceren Kimna, Erstautorin der Studie. Das neu entwickelte Filmpflaster aus Biomolekülen haftet sogar auf glatten Oberflächen wie Knorpeln und feuchtem Gewebe wie der Zunge. Dabei schädigten sie das darunterliegende Gewebe nicht. Die Abdeckung mit dem Film beschleunigte die Wundheilung auf der Haut sogar. Ein besonderes Ziel bei der Entwicklung war, dass sich die Materialkombination nach mehreren Tagen und erfolgter Wundheilung von selbst rückstandsfrei abbaut. Dies konnten hochauflösende Mikroskopieaufnahmen bestätigen.

Intelligentes Wundpflaster: Zwei Lagen mit vielen Aufgaben

Der Film ist aus zwei Lagen aufgebaut – die jeweils spezielle Aufgaben übernehmen. Die obere Seite besteht aus einem biologisch abbaubaren Kunststoff, der dem dünnen Film Stabilität verleiht, und sogenannten Mucinen. „Mucine sind Moleküle, die natürlicherweise auf Schleimhäuten vorkommen. Wir haben sie nun erstmalig für pflasterartige Filme eingesetzt. Hier übernehmen sie besonders wichtige Eigenschaften für den biologischen Schutz der Wunde. Sie wirken antibakteriell, hemmen Entzündungen und hindern unerwünschte Zellen daran, sich in der Wunde anzusiedeln“, erklärt Biomechanik-Professor Oliver Lieleg, der diese Moleküle bereits seit über einem Jahrzehnt erforscht.

Pflaster-Unterseite: Selbstklebend und wundheilungsfördernd

Die Unterseite des Films enthält Hyaluronsäure, ein Material, das für seine wasserbindenden und wundheilungsfördernden Eigenschaften bekannt ist. Chemisch daran geknüpft sind Moleküle, die bei Kontakt mit Feuchtigkeit klebrig werden, so dass der Film selbständig am Gewebe haftet.

Ins Pflaster können Antibiotika eingebaut werden

Bei Bedarf können auch Wirkstoffe wie Antibiotika in die untere Schicht integriert werden. Durch den zweilagigen Aufbau werden die Wirkstoffe bei der Anwendung gezielt nur in eine Richtung, nämlich zur Wunde hin, abgegeben.

Anwendung: Wunden im Körperinneren nach Operationen

Vor der klinischen Anwendung – also am Menschen – muss das Biofilm-Pflaster zunächst noch weiter getestet und erforscht werden. Die Anwendungsperspektive ist: In Zukunft könnten die Pflaster für spezielle Anwendungsfälle und bestimmte Typen von Gewebe optimiert werden. Dadurch, dass sie sich bei Feuchtigkeit nach und nach von selbst rückstandsfrei auflösen, könnten sie bei Operationen zum Einsatz kommen, um Wunden im Körperinneren zu schützen, zu denen man – beispielsweise nach dem Verschließen durch Nähen – keinen Zugang mehr hat.

Hauptkategorie: Medizin
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