Müllmänner brauchen mehr als Muckis
Berlin, 21. Februar 2014. "Ich bin froh, dass wir derzeit so schönes Wetter haben", sagt Dr. Stefanie Seele und erhält ein zustimmendes Nicken aus dem Publikum. Für die Betriebsärztin der Berliner Stadtreinigung BSR geht es aber um mehr als Sonne und gute Laune: "Da haben es unsere Müllwerker viel leichter", sagt sie.
2013 - das sei ein schlimmer Winter für die BSR-Mitarbeiter gewesen. Die Mitarbeiter, die tagein tagaus draußen auf den Straßen unterwegs sind, seien schließlich widrigsten Wetterbedingungen ausgesetzt. Damit Krankenstände, die manchmal Spitzen von bis zu 20 Prozent erreichen können, reduziert werden, hat die BSR ein umfassendes Betriebliches Gesundheitsförderungsprogramm aufgelegt. "Das reicht von gesunder Ernährung bis hin zu gezielten Übungen", erklärt Dr. Seele - und würde mittlerweile auch sehr gut von den Mitarbeitern aufgenommen. Anfangs musste sie den Müllwerkern noch erklären, dass der Gang zur Muckibude nicht ausreiche: „Bei über Hundert Mülltonnen, die die Mitarbeiter draußen täglich pro Schicht zu stemmen haben, ist Kraft genug vorhanden.
Mitarbeiter werden bei der BSR zu Blutdruckmanagern
"Was die Kollegen brauchen, ist ein Ausgleichssport sowie Entspannungs- und Dehnungsübungen", mahnt sie immer wieder an. Neben sportlichen Maßnahmen, werden auch medizinische Untersuchungen sowie Gesundheits- und Sozialberatung angeboten. Neuerdings habe man sogar Multiplikatoren als "Blutdruckbotschafter" geschult. Dabei ginge es darum, möglichst viele Beschäftigte zu identifizieren, die an Hypertonie leiden. Der Lohn der Maßnahmen zur Gesundheitsförderung: „In den vergangenen drei Jahren ist die Krankheitsrate rückläufig - und das, obwohl wir immer mehr ältere Arbeitnehmer haben.", sagt Seele.
Betriebliche-Gesundheitsförderung muss für die Mitarbeiter gut sein
Ähnlich gute Erfahrungen hat man auch bei Lloyd Shoes in Sulingen gemacht: Dort wurden im Laufe der Jahre etliche Gesundheitsförderprogramme etabliert – und durch die AOK evaluiert. Die Programme zahlen sich aus und sind überdies eine Wertschätzung des familiengeführten Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern. „Uns ist es dabei wichtig, dass wir unsere Angestellten fragen, was sie brauchen und was wir für sie tun können“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. „Wir machen viel zu viel immer noch aus der Sicht des Managements heraus – und nicht aus der Sicht der Mitarbeiter.“
Dies kann Jens Harde bestätigen. Der General Manager von Alcoa Fastening Systems in Hildesheim sah am Anfang sehr viel Skepsis der Mitarbeiter gegenüber betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammen. „Jetzt wissen sie, dass es dabei wirklich um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen geht – und nicht nur um das des Unternehmens“, so Harde. Vom gemeinsamen Grillabend bis zum Wandern im Harz – fast alles, was der Förderung der körperlichen – und seelischen - Gesundheit der Belegschaft dient, würde mittlerweile bei Alcoa angeboten. Dafür wurde das niedersächsische Unternehmen nicht nur mit einer Halbierung der Fehlzeiten (von 6 auf 3 Prozent) belohnt, sondern auch mit dem GCC-Preis für das international aktivste Unternehmen 2013.
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