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MS: Schäden an Axonen umkehrbar

Dienstag, 29. Mai 2018 – Autor: Anne Volkmann
Die Degeneration der Nervenzellfortsätze (Axone) ist eines der Hauptprobleme bei fortschreitender Multipler Sklerose. Forscher der Universitätsmedizin Mainz haben nun herausgefunden, dass Interleukin-4, ein Botenstoff des Immunsystems, in der Lage ist, die Schädigung der Axone umzukehren.
Multiple Sklerose, MS, Axone reparieren, Nervenverbindungen

Bei Multipler Sklerose kommt es zu einer Störung der Übertragung von Nervenimpulsen

Bei Multipler Sklerose (MS) kommt es zu einer Fehlreaktion des Immunsystems, in dessen Folge die Myelinscheiden, also die schützenden Hüllen um die Nervenfasern herum, angegriffen werden. Da die Myelinscheiden die Nervenfasern insolieren und damit für eine schnelle Weiterleitung der elektrischen Signale sorgen, kommt es durch ihre Zerstörung zu einer Verzögerung der Übertragung. Befehle des Gehirns an den Körper können dann nur noch zum Teil oder gar nicht mehr ausgeführt werden.

Doch nicht nur das Myelin wird im Verlauf einer MS-Erkrankung angegriffen. Auch die Nervenzellfortsätze selbst, die Axone, können beschädigt werden. Schon lange suchen Forscher daher nach Möglichkeiten, dieser Degeneration der Axone entgegenzuwirken. Nun haben Neurowissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz herausgefunden, dass Interleukin-4, ein Botenstoff des Immunsystems, in der Lage ist, die Schädigung des Axons umzukehren.

Interleukin-4 kann Wachstumsprozesse ankurbeln

Die Wissenschaftler suchten nach körpereigenen Faktoren, die Schädigungsprozesse im Gehirn in Schach halten oder gar reparieren können. Im Modellversuch konnte das Team um Professor Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz, zeigen, dass Immunzytokin IL-4 direkt in den Nervenzellen einen schnellen Signalweg anstoßen und die Neurodegeneration aufhalten kann. Zudem beobachteten die Forscher, dass sich mit Hilfe von IL-4 sogar Wachstumsprozesse der Nervenfortsätze ankurbeln lassen. Die Effekte des IL-4 stellten sich unabhängig vom Immunsystem ein.

Die Forscher gehen davon aus, dass die IL-4 Behandlung möglicherweise eine neue Strategie darstellen können, um der Neurodegeneration bei MS entgegenzuwirken. „Gegenwärtig verfolgen die meisten Strategien zur Behandlung von MS zwei Kernziele: Entweder gilt es zu verhindern, dass körpereigene, autoaggressive Immunzellen in das zentrale Nervensystem (ZNS) eindringen. Oder es geht darum, Entzündungsprozesse im ZNS zu hemmen“, so Zipp. „Um eine neue therapeutische Strategie zu entwickeln, mit der sich die axonalen Schäden bekämpfen lassen, halten wir die neuronale IL-4-Behandlung für einen vielversprechenden Ansatz. Denn die Protektion oder gar Regeneration der Nervenbahnen könnten den chronischen Verlauf der MS erheblich verbessern.“

Hoffnung auf neue Therapieoptionen

Neben Wissenschaftlern des Forschungszentrums Translationale Neurowissenschaften (FTN) der Johannes Gutenberg Universität Mainz (JGU) waren noch weitere Forscher an der aktuellen Arbeit beteiligt. Dazu zählen das Department of Pathology, Neuropatholgy am Albert Einstein College of Medicine in New York, das Center for Brain Immunology and Glia am Department of Neuroscience der University of Virginia und das Institut für Translationale Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Münster. Die Studienautoren wollen nun herausfinden, in welcher Form sich eine entsprechende Therapie tatsächlich eignen könnte, um bei MS-Patienten axonale Schäden zu beseitigen. Die Ergebnisse ihrer aktuellen Forschung veröffentlichen sie im Fachmagazin „Science Translational Medicine“.

Foto: © psdesign1 - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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