Mit neuem Schnelltest das richtige Antibiotikum gegen multiresistente Keime finden

Neuer Schnelltest hilft bei der Vergabe des „richtigen“ Antibiotikums
Untersuchungen zeigen, dass die Mehrzahl der Antibiotikaverordnungen auf Verdacht erfolgt. Das heißt, es liegen zum Zeitpunkt der Verordnung gar keine Laborergebnisse vor, welche Erreger im Spiel sind. Das liegt einmal daran, dass Ärzte vielfach gar keinen Abstrich entnehmen. Tun sie es doch, dauert das Ergebnis drei Tage. Grund ist, dass die Bakterien meistens erst kultiviert werden müssen. In Zeiten zunehmender Antibiotikaresistenzen ist das unteroptimal. Denn nur eine gezielte und sparsame Verwendung von Antibiotika kann das bedrohliche Geschehen etwas bremsen.
Für den Patienten selbst kann die lange Analysezeit äußerst gefährlich werden, insbesondere bei schweren Infektionen, etwa einer Sepsis, ist Zeit ein entscheidender Faktor. "Viel zu oft müssen wir ‚blind' mit Breitspektrumantibiotika behandeln, da wir zunächst weder den Erreger noch eventuell vorhandene Resistenzen bestimmen können", erläutert Prof. Michael Bauer, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena das Dilemma. Ein Teufelskreis, der das Entstehen neuer Resistenzen begünstige.
Lab-on-a-Chip-System ist blitzschnell
Abhilfe soll jetzt ein Schnelltest schaffen, den Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) und des Center for Sepsis Control and Care des Universitätsklinikums Jena entwickelt haben. Statt drei Tage dauert die mikrobiologische Erregerdiagnostik damit nur noch etwas mehr als drei Stunden. „Mit unserem Lab-on-a-Chip-System, also einem miniaturisierten Labor, können wir Bakterienstämme und deren Resistenzen in weniger als dreieinhalb Stunden eindeutig bestimmen,“ erläutert Projektleiterin Prof. Ute Neugebauer vom am Leibniz-IPHT und Universitätsklinikum Jena den Vorteil des neuen Ansatzes. „Eine derart schnelles Verfahren könnte die Diagnostik von Infektionskrankheiten revolutionieren.“
Der Schnelltest kombiniert lichtbasierte Analysemethoden mit mikrofluidischer Probenprozessierung. Dabei werden die Erreger auf einem Chip fixiert, mit verschiedenen Antibiotika in unterschiedlichen Konzentrationen in Kontakt gebracht und mit Laserlicht bestrahlt. Per Raman-Spektroskopie werten die Forscher das gestreute Lichtspektrum aus.
Bereits nach zwei Stunden seien eindeutige Veränderungen sichtbar, erklärt Prof. Jürgen Popp, Direktor des Leibniz-IPHT und Leiter des Instituts für Physikalische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Daraus lässt sich ableiten, ob der Stamm resistent oder sensibel ist“, so der Wissenschaftler. „Zugleich erhalten wir Informationen darüber, wie hoch die Konzentration des Antibiotikums sein muss, um das Bakterienwachstum vollständig zu hemmen. Das ist ein wichtiger diagnostischer Parameter, der den Erfolg der Behandlung entscheidend beeinflusst,“ so Popp weiter.
Einsatz in Kliniken und Arztpraxen geplant
Momentan arbeiten die Jenaer Forscher an einer Plattform für den Einsatz in Krankhäusern. Später soll es zu einem Schnelltestsystem für Hausärzte weiterentwickelt werden. "Damit haben Mediziner ein mächtiges Werkzeug, das sie bei der personalisierten Therapieentscheidung, alsobei der Vergabe des passenden Medikamentes unterstützt“, so Popp.
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