Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Mit Morbus Crohn oder Rheuma gegen COVID-19 impfen lassen?

Samstag, 27. März 2021 – Autor:
mrnA-Impfstoffe scheinen auch bei chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankungen sicher und wirksam zu sein. Forscher aus Kiel haben das jetzt an 25 Patienten untersucht, die eine immunsuppressive Therapie erhalten. Bislang gab es zu dieser Patientengruppe keine Daten.
Kieler Studie: mRNA-Impfung unter immunsuppressiver Therapie offenbar sicher und wirksam

Kieler Studie: mRNA-Impfung unter immunsuppressiver Therapie offenbar sicher und wirksam – Foto: © Adobe Stock/Framestock

Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Schuppenflechte oder chronische-entzündliche Darmerkrankungen werden häufig mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt. Doch die Frage, inwieweit eine COVID-19-Impfung bei den betroffenen Patienten wirksam und sicher ist, war bislang nicht beantwortet, da in den Zulassungsstudien der neuartigen mRNA-Impfstoffe Menschen mit einer immunsuppressiven Therapie ausgeschlossen waren. Forscher des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) haben diese Frage nun in einer kleinen Studie untersucht. Die im Fachmagazin „Annals of the Rheumatic Diseases“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die neuen mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 bei Menschen mit chronischen Entzündungserkrankungen und immunsuppressiver Therapie wirksam und verträglich sind.

Sorge über neue Entzündungsschübe unbegründet

„Bei vielen Patientinnen und Patienten mit chronischen Entzündungserkrankungen und einer entsprechenden immunsuppressiven Therapie war die Sorge groß, dass die Impfung entweder aufgrund des unterdrückten Immunsystems nicht ausreichend wirkt oder aber zu neuen Entzündungsschüben führen könnte“, erklärt die federführende Autorin Bimba Hoyer, Professorin für Rheumatologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Leiterin des Exzellenzzentrums für Entzündungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. „Von der Influenza-Impfung wissen wir, dass sie auch bei Menschen mit immunsuppressiven Therapien wirkt und von ihnen gut vertragen wird. Aber für viele andere Impfstoffe gibt es nur wenig Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit bei dieser speziellen Personengruppe. Darüber hinaus nutzen die neuen mRNA-Impfstoffe einen völlig neuen, bisher nicht verwendeten Wirkmechanismus, so dass hier dringender Forschungsbedarf bestand“, so Hoyer weiter.

Studie mit 25 Patienten plus Kontrollgruppe

Für die Studie hatten die Kieler Forscher 25 Patienten mit verschiedenen chronischen Entzündungserkrankungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Impfung mit einem mRNA-COVID-19-Impfstoff untersucht und die Reaktionen mit denen von gesunden Geimpften verglichen. Alle Studienteilnehmer waren medikamentös gut eingestellt mit einer immunsuppressiven Therapie, das heißt, sie hatten zum Zeitpunkt der Impfung nur eine niedrige oder gar keine Krankheitsaktivität. Die Impfung selbst war nicht Teil der Studie, alle Teilnehmenden gehörten zur Prioritätsgruppe 1 und wurden daher bereits zu Beginn der Impfungen in Schleswig-Holstein geimpft.

Kein Fieber nach der Impfung aufgetreten

„Die Impfung mit einem der mRNA-Impfstoffe führte in unserer Studie zu keinerlei Krankheitsaktivität bei den Patientinnen und Patienten, wir konnten weder molekular noch klinisch eine wieder aufflammende Entzündung feststellen“, berichtet Dr. Ulf Geisen, Erstautor der Studie und Wissenschaftler in der Abteilung Rheumatologie der Klinik für Innere Medizin I am UKSH, Campus Kiel. Auch traten in der Gruppe mit chronischen Entzündungserkrankungen weder andere noch häufigere Nebenwirkungen auf als in der Vergleichsgruppe oder in den Zulassungsstudien. Tatsächlich bekam keine Person dieser Gruppe Fieber, während diese Nebenwirkung bei einigen der gesunden Teilnehmenden auftrat.

Altersgerechte Impfantwort

Auch zeigten alle Personen mit immunsuppressiver Therapie eine nach aktuellem Wissensstand ausreichende Impfantwort auf die Impfstoffe. Allerdings waren die gemessenen Antikörperlevel, die als Marker für einen Impferfolg dienen, bei wenigen Patientinnen und Patienten geringer als in der Kontrollgruppe. „Das liegt möglicherweise an dem höheren Alter dieser Patientinnen und Patienten. Auch bei gesunden älteren Menschen sind die Antikörperlevel nach einer Impfung in der Regel geringer“, erklärt Hoyer. „Das niedrigere Antikörperlevel könnte einen Einfluss darauf haben, wie lange die Impfung anhält. Das wollen wir in künftigen Studien untersuchen. Möglicherweise muss bei der Gruppe der Menschen mit einer immunsuppressiven Therapie die Impfung früher aufgefrischt werden als bei gesunden Menschen“, sagt Hoyer.

Kein Unterschied zwischen den einzelnen Atoimmunerkrakungen erkennbar

In die Studie waren hauptsächlich Patienten mit rheumatoider Arthritis eingeschlossen, es wurden aber auch Geimpfte mit anderen rheumatischen Erkrankungen, mit der chronischen Hauterkrankung Psoriasis (Schuppenflechte) oder mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn, untersucht. „Diese Erkrankungen unterscheiden sich in ihren Symptomen zum Teil deutlich voneinander, da sie ganz unterschiedliche Körperbereiche wie etwa Gelenke, Haut oder den Darm betreffen. Gleichzeitig sind die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen erstaunlich ähnlich, wie wir in zahlreichen Studien zeigen konnten. Daher überlappen bei diesen verschiedenen Erkrankungen auch die eingesetzten Medikamentengruppen“, erklärt der Co-Autor und Cluster-Sprecher Professor Stefan Schreiber. „Deshalb haben wir in dieser Studie Patientinnen und Patienten mit verschiedenen dieser Erkrankungen untersucht, die aber zum Teil die gleichen immunsuppressiven Therapien erhalten. Bisher konnten wir keine Unterschiede bei der Wirksamkeit oder Verträglichkeit der Impfungen zwischen den verschiedenen untersuchten Erkrankungen und Therapien sehen.“

Hauptkategorien: Corona , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Coronavirus , Impfen , Autoimmunerkrankungen

Weitere Nachrichten zum Thema Autoimmunerkrankungen

Gehört Rheuma zu den kritischen Vorerkrankungen in der Corona-Pandemie? Erste Hinweise ergeben sich nun aus dem COVID-19 Register der Fachgesellschaft für Rheumatologie. Tatsächlich scheinen eine aktive rheumatische Erkrankung und die Einnahme von Kortison das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf zu erhöhen.

13.01.2021

Der Start der COVID-19-Impfungen ist verbunden mit Hoffnungen, Skepsis, Geduldsproben, Unsicherheit – und gut gemeinten Warnungen, die offenbar aber nicht in jedem Fall stimmen. Die Fachgesellschaft der Rheumatologen wirft Krankenkassen, Medien und sogar Landesregierungen „Falschinformation“ vor, wenn sie vor der Impfung von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen warnen – und empfiehlt sie „ausdrücklich“.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin