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Mit einem Katheter gegen den Schlaganfall

Sonntag, 6. Oktober 2013 – Autor:
Bei Schlaganfällen greifen Ärzte immer öfter auf ein neues Verfahren zurück: Sie ziehen den Blutpfropfen mit einem Katheter aus der Arterie im Gehirn. Der wissenschaftliche Beweis, dass die so genannte Thrombektomie der Lysetherapie überlegen ist, steht aber noch aus.
Mit einem Katheter gegen den Schlaganfall

Bei Große Blutpfropfen reicht eine Lyse oft nicht. Patienten können von einer Thrombektomie proftieren.

Time is brain, sagen Ärzte und meinen, dass beim Schlaganfall schnell gehandelt werden muss. Denn je länger der Sauerstoffmangel im Gehirn andauert, desto mehr Hirnzellen sterben ab. Kommen Patienten schnell genug in die Klinik, können Ärzte den Blutpfropf, der das Hirngefäß verstopft, mit einer Lyse auflösen. Doch bei größeren Thromben ist das oft schwierig. „Ein großer Thrombus lässt sich oft nicht allein durch eine standardmäßige Gabe von Medikamenten auflösen“, sagt Professor Thomas Liebig, Leiter der Neuroradiologie am Universitätsklinikum Köln. „Weil die schnelle Öffnung des Gefäßes aber essentiell ist, um Hirnschäden zu vermeiden, kommt in diesen Fällen die Thrombektomie zum Einsatz.“

Thrombektomie rettete BAP-Sänger Wolfgang Niedecken

Bei einer Thrombektomie schieben Ärzte unter Röntgenkontrolle über die Leistenarterie einen Katheter bis in das Gehirn. Im betroffenen Gefäß entfalten sie dann einen Stent-Retriever, ein feines Gitterröhrchen, in dem sich der Blutpfropfen verfängt. Durch zurückziehen des Katheters entfernen sie den Thrombus. In acht von zehn Fällen sei die Wiederöffnung des Gefäßes möglich, sagt Liebig „Eine erfolgreich durchgeführte Thrombektomie führt bei vielen Patienten zu dramatischen Verbesserungen und oft raschen Genesungsfortschritten, die alleine durch die medikamentöse Standardtherapie bei großen Verschlüssen kaum zu erreichen ist.“

Mit dieser Methode hat Liebig auch den BAP-Sänger Wolfgang Niedecken behandelt, der im November 2011 einen Schlaganfall erlitten hatte. Dem Musiker geht es heute nach eigenen Angaben sehr gut.

Lyse und Thrombektomie wirken synergetisch

Die Studienlage zur Thrombektomie ist allerdings noch sehr dünn. In vielen bereits veröffentlichten Studien wurden zum Teil veraltete Techniken und Geräte verwendet, die den modernen, heute verwendeten Systemen deutlich unterlegen sind. Deshalb sind sie nur begrenzt aussagefähig. So fehlt bislang der wissenschaftliche Beweis, dass das neue Verfahren bei großen Verschlüssen bessere Ergebnisse erzielt als die Lysetherapie allein. Es gebe aber Hinweise darauf, dass eine Kombination aus Lyse und Thrombektomie, den Therapieerfolg verbessern könnte, meint Neuroradiologe Liebig. In vielen Zentren bekommen Schlaganfallpatienten heute schon beides: Direkt nach der Aufnahme eine Lyse, um die Zeit bis zur Thrombektomie zu überbrücken. „Weitere, groß angelegte Studien, die derzeit auch schon anlaufen, sind notwendig, um sauber zu definieren, wie das vielversprechende Verfahren zum größtmöglichen Nutzen des Patienten angewandt werden sollte“, so der Neuroradiologe.

In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Er ist hierzulande die dritthäufigste Todesursache. In etwa 80 Prozent der Fälle ist der Auslöser eine Minderdurchblutung des Gehirns. Ursache ist häufig ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß im Gehirn verstopft. Etwa 15 bis 20 Prozent dieser sogenannten ischämischen Schlaganfälle beruhen auf einem Verschluss großer Hirngefäße.

Foto: © ep stock - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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