Mindestmengen für Krebsoperationen gefordert
Allein die Zahl der Todesfälle infolge von Lungenkrebs-Operationen könnte den Angaben zufolge durch die Einführung einer rein rechnerisch ermittelten Mindestmenge von 108 Eingriffen pro Jahr um etwa ein Fünftel sinken - von 361 auf 287 Todesfälle pro Jahr. Das zeigt eine Analyse von Krankenhaus-Abrechnungsdaten für den Qualitätsmonitor 2018 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), des Vereins Gesundheitsstadt Berlin und der Initiative Qualitätsmedizin (IQM). Bei anderen Krebs-Indikationen wie Speiseröhren-Krebs, Bauchspeicheldrüsen-Krebs, Blasen- und Darmkrebs sieht es den Angaben zufolge ähnlich aus.
Qualitätsexperten fordern Routine und Spezialisierung für Krebs-OPs
Professor Thomas Mansky, Leiter des Fachgebietes Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen der Technischen Universität (TU) Berlin und einer der Autoren des Qualitätsmonitors kritisiert, dass viele Kliniken komplizierte Eingriffe auch ohne Routine vornehmen: „In Deutschland gibt es immer noch viel zu viele Kliniken, die nur hin und wieder mal eine komplizierte Krebs-Operation durchführen", so Mansky. Als Beispiel verweist er darauf, dass ein Fünftel der Lungenkrebs-Patienten, bei denen eine teilweise Entfernung der Lunge nötig ist, in insgesamt 260 Kliniken behandelt, die im Durchschnitt nur fünf dieser OPs pro Jahr durchführen. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass in diesen Kliniken die nötige Operationsroutine und die für eine adäquate Gesamtbetreuung notwendige Spezialisierung nicht vorhanden sein können“, so Mansky.
Auch Simone Wesselmann von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sieht den Zusammenhang zwischen Qualität und Menge bei Lungenkrebs-OPs als erwiesen an. Die DKG hat 49 Lungenzentren zertifiziert, die mindestens 75 Operationen pro Jahr nachweisen müssen. In diesen Lungenkrebszentren sind die Sterblichkeitsraten der Patienten den Angaben zufolge deutlich niedriger als in Krankenhäusern, die den Eingriff seltener durchführen. Sie betrage nur 2,5 Prozent, während sie in den Kliniken mit weniger OPs pro Jahr bei 4,1 Prozent liege, teilte der AOK Bundesverband mit.
AOK fordert neue Mindestmengen für Krebsoperationen
Als „Gelegenheitschirurgie“ bezeichnet Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, die Tatsache, dass auch wenig spezialisierte Kliniken die komplizierten Eingriffe vornehmen. „Das Problem lässt sich nur durch die Einführung und konsequente Durchsetzung von OP-Mindestmengen in den Griff bekommen“, so Litsch. Er kündigte an, dass die AOK die Forderung nach Einführung von Mindestmengen für Krebsoperationen bei Lungenkrebs und Brustkrebs in den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) einbringen will. Bei Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsen-Krebs dringt der Kassenverband auf eine Erhöhung der bestehenden Mindestmengen.
Zugleich macht Litsch Druck auf die Kliniken: „Krankenhäuser, die die Vorgaben nicht einhalten und bei denen kein Ausnahmetatbestand vorliegt, erhalten von der AOK im Sinne der Patientensicherheit keine Vergütung mehr für diese Eingriffe“, droht er.
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