Messie-Syndrom: Aufräumen unerwünscht
„Mess“ bedeutet auf Englisch Unordnung. Im deutschen Sprachgebrauch, ist mit „Messie“ ein Mensch mit einer ausgeprägten Unfähigkeit gemeint, das Alltagsleben zu organisieren und die Wohnung ordentlich zu halten. Die Vereinigung „Neurologen und Psychiater im Netz“ erklärt jetzt in einer Mitteilung, warum Aufräumen in einem Messie-Haushalt nichts bringt. „Messies sind meist Menschen mit ausgeprägten Desorganisationsproblemen und schätzen zudem den Wert und Nutzen von Dingen anders ein als der Durchschnitt der Bevölkerung, was sie zuweilen daran hindert, sich von Sachen zu trennen“, berichtet Dr. Christa Roth-Sackenheim vom Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP) in Krefeld. „Wird ihre Wohnung nun aufgeräumt oder gesäubert, wird dies die Probleme nicht lösen, solange das innere Chaos weiter besteht.“ Eingriffe im privaten Bereich sollten sogar zunächst vermieden werden, rät die Psychiaterin, weil der Wohnbereich von Menschen mit dem Messie-Syndrom oft sehr schambelastet sei und sie emotional stark an gehorteten Gegenständen hängen können. „Durch vermeintlich gut gemeinte Aufräumarbeiten können Betroffene in eine schwere psychische Krise geraten, weil sie das Gefühl haben, mit den Gegenständen sei auch das Leben oder die Kontrolle darüber weggeworfen worden“, so Roth-Sackenheim.
Aus Scham nehmen Messies ungern Hilfe an
Hilfe lehnen die meisten Messies ohnehin ab. Erst wenn ernste Konsequenzen drohten, wie etwa die Kündigung der Wohnung, steige auch die Bereitschaft, Hilfsangebote anzunehmen, meint die Psychiaterin. Oft hätten Messsies auch Probleme im sozialen Umfeld, weil Einladungen vermieden und Kontakte abgebrochen werden. In einer psychotherapeutischen Therapie lernten Betroffenen, sich besser zu organisieren und würden psychisch gestärkt. „Eine Verhaltenstherapie, in denen die Gründe und Ursachen mit dem Therapeuten besprochen und bestimmte Verhaltensformen festgelegt werden, kann erfolgreich sein. Schritt für Schritt können beispielsweise Bereiche in der Wohnung ausgewählt werden, die in Ordnung gehalten werden“, erläutert Roth-Sackenheim. Betroffene könnten so erfahren, sich wieder selbst zu kontrollieren und sich auf sich verlassen zu können. Dadurch verbesserten sie ihr Selbstwertgefühl, welches störungsbedingt oft beeinträchtigt sei. Zudem könnten Selbsthilfegruppen den Umgang mit der Störung erleichtern.
Jeder kann vom Messie-Syndrom betroffen sein
Den Experten zufolge zieht sich das Messie-Syndrom durch alle gesellschaftlichen Schichten und Altersklassen. Es kann sich eigenständig entwickeln, aber auch Ausdruck verschiedener psychiatrischer Erkrankungen sein. Diese seien in jedem Fall behandlungsbedürftig, sagen die Psychiater.
Foto: © lukatme1 - Fotolia.com