Mehr Freiräume für das Krankenhaus
Die Wettbewerbsintensität für die Krankenhäuser in Deutschland nimmt seit einigen Jahren enorm zu. Zugleich bleiben die Themen Krankenhausplanung und -finanzierung auf der politischen Agenda – auch weil als richtig erkanntes Handeln häufig an Blockaden unterschiedlicher Interessen von Bund und Ländern oder Krankenkassen und Krankenhausmanagement scheitert.
So hat die Initiative des Gesetzgebers zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung den Wettbewerb zwischen stationären und ambulanten Leistungsanbietern befeuert: Der Druck, die Krankenhäuser für die ambulante Versorgung zu öffnen, ist deutlich erhöht.
Wettbewerb fordert Management
In die Sommerpause der Politik hinein hat der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse Dr. Jens Christian Baas Anfang Juli die fehlende Transparenz über Behandlungsqualitäten im Krankenhaus thematisiert. Baas beklagt, anhand der Daten zwar die Leistungsfähigkeit einzelner Häuser ziemlich genau benennen zu können, aber nicht das Recht zu haben, die eigenen Versicherten und Patienten über diese Leistungsunterschiede informieren zu dürfen.
In dieses Spannungsfeld der gesundheitspolitischen Debatte kommt eine Neuerscheinung, die Krankenhaus-Managern fundiertes Wissen um die betriebswirtschaftlichen Kernthemen des Krankenhauses an die Hand gibt : „Betriebswirtschaft und Management im Krankenhaus“.
Der Ökonom Prof. Dr. Jörg Schlüchtermann der an seinem Lehrstuhl an der Universität Bayreuth den Schwerpunkt "Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre" setzt und dort für die Spezialisierung Gesundheitsökonomie steht, bekräftigt diesen Anspruch mit seinem aktuellen Buch zum Krankenhausmanagement .
„Dies ist eine Komplettübersicht, um ein Krankenhaus betriebswirtschaftlich zu verstehen“, so beschreibt der Autor im Interview den Unterschied zu einschlägigen Büchern auf dem Markt. Ein Management-Instrumentenkasten aus einer Hand, vorgelegt zu Zeiten, in denen massiver Druck auf das Management von Krankenhäusern entsteht.
Schlüchtermanns Buch trifft auf eine Versorgungswirklichkeit in den Krankenhäusern, in der eine abrechnungsgesteuerte Versorgung häufig als Ökonomisierung missverstanden wird. Deshalb wollen einflussreiche Gesundheitsökonomen wie Professor Jürgen Wasem unbedingt das DRG-System auf die Agenda der nächsten Bundesregierung setzen: Es muss von Anreizen medizinisch nicht indizierter Mengenanreize befreit werden.
Den etablierten gesundheitspolitischen Steuerungsinstrumenten Gesetz, Administration und Selbstverwaltung hat das Gesundheitsstrukturgesetz 1992 wettbewerbliche Steuerungselemente auf der einzelwirtschaftlichen Ebene hinzugefügt – dies verändert das deutsche Gesundheitssystem bis heute.
Mehr wirtschaftliche Autonomie für Krankenhäuser
Mit dem Stichwort „Patienten als Kunden“ öffnet Schlüchtermann Türen für Ideen US-amerikanischer Management-Vordenker wie Peter F. Drucker, die eine Finanzierung der Leistungen über ein Versicherungssystem als begrenzenden Faktor für das Wachstum im Gesundheitswesen verstehen.
Thema ist auch die demografische Entwicklung: Die Zahl hochbetagter Menschen steigt beständig an, eine zunehmende Geriatrisierung der medizinischen Versorgung und die Zunahme von Pflegebedürftigkeit sind die Folge. Schlüchtermann weist auf die Herausforderung für Klinikmanager hin: eine Nachfragesteigerung, die sich aus der Verschiebung der Leistungsstrukturen hin zu älteren, multimorbiden Patienten und einer Ausdehnung des Leistungsspektrums ergibt.
„Betriebswirtschaft und Management im Krankenhaus“ – Jörg Schlüchtermann versteht sein Buch auch als ein Plädoyer, den Krankenhäusern mehr Freiräume zu geben, um die eigenen Kompetenzen zu entwickeln und nicht gehobene Effizienzen aufzuspüren.
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