Mehr Corona-Fälle bei Pflegefachkräften als je zuvor
Noch nie seit Beginn der Corona-Pandemie waren so viele Pflegefachkräfte wegen Covid-19 krankgeschrieben wie in diesem Jahr. Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der „Barmer“ hervor. Seinen Höhepunkt in absoluten Zahlen erreichte der Krankenstand im März mit 158 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen je 10.000 Pflegefachkräfte. Der größte relative Unterschied zum Vorjahr zeigte sich im Juli: Hier gab es 40-mal so viele Krankmeldungen wie im Vergleichsmonat 2021.
Barmer-Chef: „Pflegeheime sind nach wie vor Corona-Hotspots“
„Für viele Menschen hat Corona seinen Schrecken verloren. Doch Pflegeheime sind nach wie vor Corona-Hotspots“, sagte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub anlässlich der Veröffentlichung des Pflegereports 2022. Ebenso wie die Mitarbeiter waren auch Pflegebedürftige in Heimen stark von den jeweiligen Corona-Wellen betroffen. Zu Beginn der Pandemie waren 50 bis 60 Prozent der mit Covid-19 Verstorbenen stationär Pflegebedürftige. Die Corona-Maßnahmen würden immer weiter heruntergefahren bis hin zur Aufhebung der Isolationspflicht in einigen Bundesländern. In Pflegeheimen befänden sich aber besonders vulnerable Gruppen. „Wir brauchen auch weiterhin ein Corona-Konzept mit Augenmaß vor allem für besonders Schutzbedürftige“, forderte deshalb der Barmer-Chef. „Die strikte Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bleibe weiterhin erforderlich.“
Pflegeheime sollen sich für mögliche weitere Corona-Wellen wappnen
Durch die Impfungen und das Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln habe das Corona-bedingte Sterberisiko zwar deutlich gesenkt werden können, sagte der Autor des Barmer-Pflegereports, Heinz Rothgang vom „Socium – Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik“ der Universität Bremen. Die Pflegeheime müssten aber für weitere Corona-Wellen gewappnet sein. Dazu sollten nach Rothgangs Empfehlung Eventualplanungen getroffen werden für den Fall, dass sich weitere Virusvarianten durchsetzen, die womöglich wieder zu schweren Verläufen führen.
Weniger Menschen in Pflegeheimen – aus Angst vor Corona
Wie aus dem Pflegereport weiter hervorgeht, sind gerade zu Beginn der Pandemie weniger Pflegebedürftige vollstationär gepflegt worden. Die Anzahl der Menschen, die von der häuslichen Pflege in die stationäre Pflege wechselten, sank von jeweils über 25.000 im April der Jahre 2018 und 2019 auf rund 17.000 im Mai 2020. Das entspricht einem Minus von rund einem Drittel. Erst im späteren Verlauf der Pandemie ist die Zahl der Menschen, die vom häuslichen in das stationäre Setting wechselten, wieder gestiegen. Studienautor Rothgang sagt zur Erklärung: „Zu Beginn der Pandemie sind auch deswegen weniger Menschen ins Pflegeheim gekommen, weil die Angehörigen Angst um deren Gesundheit hatten.“
Corona-Folgen: Höhere Ausgaben, geringere Einnahmen
Dem Report zufolge hat die Pandemie nicht nur Pflegefachkräfte und Pflegende enorm belastet. Auch für die Pflegeversicherung habe Covid-19 „massive Auswirkungen“ mit sich gebracht. Einerseits gab es demnach in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen Mehrausgaben – beispielsweise für Sachmittel und Personal. Andererseits waren Einnahmeausfälle zu verkraften – unter anderem durch nicht belegte Heimplätze. Die Einrichtungen stellten seit März 2020 bei den Pflegekassen Anträge auf Erstattung in Milliardenhöhe.
Ein weiterer massiver Kostenblock waren dem Barmer-Report zufolge die Ausgaben für Antigen-Tests ab Oktober 2020. Unter dem Strich hätten sich die Beträge für Pflege-Rettungsschirme, Antigen-Tests und die Corona-Pflegeprämie bis zum ersten Quartal 2022 auf mehr als neun Milliarden Euro belaufen.