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Medulloblastom: Hoffnung auf schonendere Therapie

Freitag, 16. November 2018 – Autor: anvo
Das Medulloblastom ist ein bösartiger Hirntumor, der meist im Kleinkindes- und Kindesalter auftritt. Forscher der Universität Bonn haben nun gemeinsam mit einem internationalen Team eine Form der Erkrankung identifiziert, die besonders gute Heilungschancen aufweist. Unter Umständen kann man den Betroffenen zukünftig mit einer deutlich schonenderen Behandlung helfen als bisher.
Medulloblastom

Das Medulloblastom könnte in Zukunft schonender behandelt werden - zumindest bei einem Teil der Patienten – Foto: ©psdesign1 - stock.adobe.com

Es ist der häufigste bösartige Hirntumor im Kindesalter: das Medulloblastom. Insgesamt macht es etwa drei Prozent aller Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 55 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren neu an einem Medulloblastom. Dies entspricht einer Häufigkeit von fünf Neuerkrankungen pro 1.000.000 Kinder. Das Durchschnittsalter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung liegt zwischen sechs und sieben Jahren.

Die übliche Behandlung des Hirntumors besteht aus einer Operation mit anschließender Chemotherapie und zum Teil einer Strahlentherapie. Die Behandlung verursacht allerdings häufig erhebliche Spätfolgen. „Durch die intensive Therapie wird das sich noch in der Entwicklung befindliche Gehirn oft irreparabel geschädigt“, erklärt Prof. Dr. Torsten Pietsch vom Institut für Neuropathologie der Universität Bonn. „Als Spätfolge leiden die überlebenden Patienten oft lebenslang unter der Beeinträchtigung ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit.“ Möglicherweise gibt es jedoch für einen Teil der Betroffenen in Zukunft Hoffnung auf eine schonendere Therapie.

Unterschiedliche Varianten von Medulloblastomen

Heute weiß man, dass es sich bei dem Medulloblastom um eine Gruppe unterschiedlicher Krebsarten handelt. Schon vor fast 20 Jahren wurde eine seltene knotenförmige Variante entdeckt, die insbesondere Kleinkinder betrifft. Diese Tumoren sprechen meist so gut auf eine medikamentöse Behandlung an, dass keine zusätzliche Strahlentherapie nötig ist. Inzwischen hat man noch eine Gruppe älterer Kinder identifiziert, die auch eine sehr gute Prognose hat. Auch bei ihr kann die Intensität der Therapie möglicherweise verringert werden.

Nun haben die Forscher eine neue Erkrankungs-Variante identifiziert, die besonders gute Heilungschancen aufweist. Dazu hatten sie die Tumoren von Teilnehmern einer europaweiten Medulloblastom-Behandlungsstudie untersucht. „Wir haben in einem Teil der Tumoren charakteristische Veränderungen in der Anzahl der Chromosomen gefunden“, erklärt Dr. Tobias Goschzik vom Institut für Neuropathologie. Menschliche Zellen enthalten normalerweise 23 Chromosomen, und zwar jedes von ihnen doppelt. Zusammen enthalten sie die komplette Erbinformation. In den Tumorzellen lag eines von ihnen, nämlich das Chromosom 7, häufig gleich dreifach vor. Von zwei anderen, den Chromosomen 8 und 11, gab es dagegen oft nur eine Version.

20 Prozent der Patienten scheinen besonders gut auf Therapie anzusprechen

Das Interessante daran: Erkrankte mit diesen chromosomalen Auffälligkeiten ließen sich mit Hilfe der Standardtherapie zu fast 100 Prozent heilen. Bei den restlichen Betroffenen lag die Heilungschance dagegen nur bei 64 Prozent. „Möglicherweise bedeutet das, dass man Patienten mit diesem Typus eines Medulloblastoms weniger aggressiv therapieren kann“, hofft Pietsch. „Ob das stimmt, muss sich allerdings zunächst noch in Behandlungs-Studien zeigen.“

In der aktuellen Studie konnten die Tumoren von insgesamt 136 Kindern und Jugendlichen untersucht werden. Ausgeschlossen waren Betroffene, die an einer besonders aggressiven Form der Erkrankung litten. „Wenn wir unsere Zahlen auf alle Patienten hochrechnen, gehen wir davon aus, dass rund 20 Prozent unter der von uns identifizierten Variante leiden“, sagt Pietsch. Für diese käme die schonendere Therapieform in Frage. Die Ergebnisse wurden inzwischen mit einer zweiten Patientengruppe aus dem englischen Newcastle verifiziert.

Weitere Forschungen geplant

Als nächstes wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, warum Tumoren mit einer veränderten Chromosomenzahl so viel besser auf die Therapie ansprechen. Langfristig könnten daraus auch neue zielgerichtete Behandlungsmöglichkeiten erwachsen. Ein Punkt ist in diesem Zusammenhang besonders interessant: Es gibt auch andere Krebserkrankungen bei Kindern, die mit Änderungen der Chromosomenzahl einhergehen. Dazu zählt beispielsweise eine bestimmte Form der Leukämie. Und auch diese lässt sich besonders erfolgversprechend therapieren.

Foto: © psdesign1 - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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