Medizin-Mobil für Kriegsflüchtlinge rollt ab heute durch Berlin

Der Medizin-Bus für Kriegsflüchtlinge in Berlin am Fehrbelliner Platz. – Foto: Ärzte der Welt e.V.
Eine fahrende Arztpraxis für geflüchtete Menschen aus der Ukraine und anderen Ländern soll in Berlin Lücken bei deren medizinischer Versorgung schließen. Ab heute (8. Juni 2022) steuert ein blau-roter Gelenkbus zweimal in der Woche Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte von Geflüchteten an. Der Bus ist etwa 18 Meter lang und ähnlich ausgestattet wie eine Arztpraxis. Darin behandelt und berät das medizinische Team aus ehrenamtlichen Ärzten und Medizinstudenten geflüchtete Patienten kostenlos und auf Wunsch anonym.
Video-Dolmetscher können zugeschaltet werden
Neben der medizinischen Behandlung vermitteln die Mitarbeitenden Erstorientierung, Informationen zu Gesundheitsthemen und unterstützen die Patienten dabei, Zugang zum regulären Gesundheitssystem zu erhalten. Der Bus ist digital vernetzt und bei Bedarf kann das Team medizinisch geschulte Video-Dolmetscher für zahlreiche Sprachen zuschalten. Betrieben wird der Medizinbus von der Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“, dem Verein „U-Aid“ von Medizinstudenten der Charité, der Deutschen Bahn sowie dem Telekommunikationsunternehmen Cisco.
So ist die medizinische Versorgung von Ukraine-Flüchtlingen geregelt
Die medizinische Versorgung von vor dem Krieg aus der Ukraine geflohenen Menschen ist theoretisch so geregelt: Sie erhalten den Aufenthaltsstatus gemäß Paragraf 24 Aufenthaltsgesetz und haben seit dem 1. Juni 2022 Anspruch auf ärztliche Gesundheitsleistungen gemäß SGB II und XII. Beim zuständigen Sozialamt des Bezirks können sie eine elektronische Gesundheitskarte sowie einen vorübergehenden Schein zur Behandlung in einer Arztpraxis beantragten. Und auch ohne Termin beim Sozialamt sollen Patienten dank eines Abkommens der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin unbürokratisch ärztlich versorgt werden. Mehr als 500 Berliner Arztpraxen haben sich bereiterklärt, Ukraine-Flüchtlinge kostenlos zu behandeln.
Überlastung der Ämter, fehlende Dokumente: Warum die medizinische Versorgung für Kriegsflüchtlinge oft nicht klappt
„In der Praxis kommt es allerdings aus unterschiedlichen Gründen zu Lücken in der medizinischen Versorgung“, heißt es aber in einer Mitteilung der Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“. Sie ist der deutsche Ableger der international tätigen humanitären Hilfsorganisation „Médecins du Monde“ (MdM). Zu den Ursachen gehören Überlastung der Aufnahmestrukturen und Ämter, Wartezeiten für Termine und Dokumentenausstellung, fehlende Information und Orientierung im deutschen Rechts- und Gesundheitssystem, generelle Engpässe in der fachärztlichen Versorgung von Frauen und Kindern sowie Sprachbarrieren. Zudem führt die aktuelle Mehrbelastung des Gesundheits- und Asylsystems dazu, dass Geflüchtete aus anderen Ländern schlechter versorgt sind als zuvor.