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Medikamente in Schwangerschaft: Beratungsstelle Reprotox hilft

Dienstag, 22. August 2017 – Autor: anvo
Die Beratungsstelle Reprotox in Ulm hilft Schwangeren und Stillenden bei Fragen rund um Medikamente und deren Verträglichkeit. Nun wurde die Einrichtung wieder der Universitätsklinik Ulm angegliedert.
SChwangerschaft und Medikamente

Schwangere sind oft unsicher, ob und welche Medikamente sie einnehmen dürfen – Foto: ©Andrey Popov - stock.adobe.com

Deutschlandweit gibt es nur zwei Beratungsstellen zur Medikamentenberatung in der Schwangerschaft und Stillzeit: die Berliner Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie der Charité (Embryotox), die sich allerdings auf telefonische Auskünfte und Online-Informationen beschränkt, sowie die Ulmer Beratungsstelle für Medikamente in der Schwangerschaft und Stillzeit (Reprotox). Die werdenden Mütter und ihre Ärzte informieren sich vor allem über mögliche Auswirkungen von Arzneien, aber auch von Infektionen, Chemikalien und Strahlung auf das ungeborene Leben.

Bei der Ulmer Beratungsstelle gehen täglich 10 bis 15 solcher Anfragen ein. Jetzt ist die Einrichtung, die zur St. Elisabeth-Stiftung gehörte, wieder Teil der Universitätsfrauenklinik Ulm. Aus organisatorischen Gründen war Reprotox in den Jahren 2002 bis 2017 am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Universität Ulm, angesiedelt.

Pharmafirmen raten meist pauschal von Medikamenteneinnahme in der Schwangerschaft ab

"Die Beratung werdender Mütter zur Medikamenteneinnahme ist eine sinnvolle Ergänzung unseres Leistungsspektrums in der Frauenklinik sowie eine Bereicherung für Forschung und Lehre“, erklärt der Ärztliche Direktor der Universitätsfrauenklinik Ulm, Professor Wolfgang Janni, bei der offiziellen Übergabe. Geleitet wird die Beratungsstelle Reprotox von Dr. Wolfgang Paulus. Seit Anfang der 1990er Jahre hat der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mithilfe der Rückmeldungen von Patientinnen mehr als 30.000 Datensätze zur Verträglichkeit verschiedenster Medikamente in der Schwangerschaft zusammengetragen. Diese Datenbank umfasst auch Antworten der Mütter nach der Entbindung sowie Kontrollfälle und ist deshalb besonders aussagekräftig. Gemeinsam mit den von Paulus publizierten Studien und dem europäischem Netzwerk ENTIS bildet sie die Basis der Beratungen.

"Um sich abzusichern, raten Pharmaunternehmen in der Packungsbeilage meist pauschal von der Einnahme eines Medikaments in der Schwangerschaft ab", erklärt Paulus. "Dabei haben wir oft zahlreiche Fälle dokumentiert, bei denen die Medikation keine negativen Folgen für Mutter und Kind hatte."

Die meisten Anfragen betreffen Psychopharmaka

Die häufigsten Anfragen bei Reprotox betreffen die Auswirkungen von Psychopharmaka, insbesondere von Antidepressiva, auf das Ungeborene. Im Frühjahr sind zudem steigende Nachfragen zu Antiallergika zu verzeichnen. Weiterhin gehören die Beratung bei Infektionen und äußeren Einflüssen wie Strahlung und Chemikalien vor und in der Schwangerschaft zum Spektrum von Reprotox. Geht es um die Einnahme von Medikamenten in der Stillzeit, arbeitet Paulus auch mit Hebammen zusammen. Zudem melden sich auch immer wieder Männer, die Väter werden wollen, in der Beratungsstelle. Nach einer Chemotherapie oder unter dauerhafter Einnahme von Psychopharmaka fürchten sie um ihre Spermienqualität.

Dr. Paulus schildert auch das aktuelle Beispiel einer Patientin, die aufgrund eines angeborenen Herzfehlers auf das gerinnungshemmende Medikament Marcumar angewiesen ist. Als die junge Frau ungeplant schwanger wird, befürchtet ihr Gynäkologe Fehlbildungen; der Hersteller hatte vor einer Einnahme des Medikaments in der Schwangerschaft gewarnt. Doch Dr. Paulus gelingt es, den im Raum stehenden Abbruch zu verhindern: „Über unser europäisches Netzwerk konnten wir auf einige Hundert Datensätze von Marcumar-Anwenderinnen zugreifen und die Patientin beruhigen. Tatsächlich ist die Therapie erst nach der achten Woche möglicherweise fruchtschädigend“, weiß der Mediziner. Die werdende Mutter, die sich in der siebten Woche befand, wurde sofort auf ein gleichwertiges, risikoärmeres Medikament umgestellt. Bisher sind Patientin und Kind wohlauf.

Foto: © Andrey Popov - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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