Medikament soll Alkohol-Kranken helfen, weniger zu trinken

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Schätzungen zufolge schaffen es nur etwa fünf bis zehn Prozent der Alkoholkranken, dauerhaft trocken zu bleiben. Das Problem ist nicht nur, dass es vielen nicht gelingt, vom Alkohol loszukommen. Die meisten versuchen es gar nicht erst. Für viele Abhängige ist dabei besonders eine häufig vertretene Grundüberzeugung abschreckend: dass sie, um sich von ihrer Sucht zu befreien, nie wieder einen Tropfen Alkohol anrühren dürfen. Daher verbreitet sich unter Ärzten und Therapeuten verstärkt die Meinung, dass auch ein verringerter Alkoholkonsum ein Erfolg sein kann. Dieses Konzept eines "kontrollierten Trinkens" ist allerdings durchaus umstritten. Für viele Abhängige ist es auch immer noch zutreffend, dass sie nur dauerhaft von ihrer Sucht loskommen können, wenn sie nie wieder einen Tropfen trinken. Vor allem für schwere Alkoholiker scheint dies zu gelten. Doch schon frühere Studien haben gezeigt, dass Alkoholkranke unter bestimmten Voraussetzungen kontrolliert trinken können, ohne dass weiterhin eine Abhängigkeit besteht.
Medikamente und Reduktion
Nun wurde in einer Studie gezeigt, dass unter der Vorgabe, den Alkoholkonsum zu reduzieren, etwa 22 Prozent der Betroffenen dieses Ziel erreichen und sogar zehn Prozent nach einem Jahr komplett abstinent sind. Der Gedanke, nicht völlig auf Alkohol verzichten zu müssen, kann also den Einstieg in die Therapie erleichtern, und viele Patienten entscheiden sich dann doch für die völlige Abstinenz. Diese Möglichkeit soll nun durch eine weitere Therapieoption unterstützt werden. Der Opiatrezeptor-Antagonist Nalmefene wurde bereits in den 1970er Jahren gegen verschiedene Suchterkrankungen entwickelt. Nun wurde in drei Studien des dänischen Herstellers H. Lundbeck geprüft, ob er auch für die Reduktion der Alkoholmenge eingesetzt werden kann. Es gelang, mit Hilfe des Medikaments und einem begleitenden Motivationsprogramm die Zahl der schweren Trinktage sowie den Gesamtalkoholkonsum signifikant zu reduzieren, und zwar stärker als mit einem Motivationsprogramm allein. Ein weiteres Medikament mit einem ähnlichen Wirkprinzip ist Naltrexon, das in Studien ebenfalls die Trinkmenge bei Alkoholkranken deutlich reduzieren konnte.
Alkoholsucht
Alkoholabhängigkeit zählt zu den häufigsten psychischen Störungen: In Deutschland sind zwischen zwei und vier Millionen Menschen betroffen. Weitere zehn Millionen Menschen konsumieren Alkohol in riskantem Ausmass. Männer sind häufiger betroffen als Frauen und besonders im Alter zwischen 20 und 44 Jahren gefährdet. Übermässiger Alkoholkonsum kann schwere körperliche und psychische Schäden hervorrufen. Nicht selten verläuft die Krankheit tödlich, wobei die Todesursachen meist durch Folgekrankheiten (Leberzirrhose, multiple Organschäden, Herzinfarkt) bedingt sind. Pro Jahr sterben in Deutschland mehr als 70.000 Menschen an den direkten oder indirekten Folgen des Alkoholmissbrauchs.